Airbus nach Gewinnwarnung abgestraft
Luft- und Raumfahrtbranche
Airbus nach Gewinnwarnung abgestraft
Gewinn- und Auslieferungsziele gesenkt – Konzern prüft nach Abschreibung strategische Optionen für Raumfahrtaktivitäten
wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris
Airbus rechnet mit stärkerem Gegenwind. Wegen anhaltender Probleme in der Lieferkette und neuer Abschreibungen für Satellitenprogramme erwartet der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern in diesem Jahr weniger Flugzeugauslieferungen und niedrigere Gewinne. Er muss zudem bei der geplanten Produktionshochfuhr der Flugzeugbausparte auf die Bremse treten. Investoren haben Airbus wegen der Gewinnwarnung am Dienstag stark abgestraft, so dass die Aktie des Konzerns an der Börse von Paris im Laufe des Tages um zeitweise 11,5% auf 131,70 Euro einbrach.
Konzernchef Guillaume Faury geht inzwischen davon aus, dass Airbus in diesem Jahr nur 770 und nicht wie ursprünglich geplant 800 Flugzeuge ausliefern wird. Zum Vergleich: 2023 hatte der weltweit größte Flugzeugbauer sein eigenes Ziel mit 735 Auslieferungen übertroffen. Dagegen hatte er das Auslieferungsziel 2022 deutlich verfehlt, obwohl er es zweimal gesenkt hatte. Faury rechnet in diesem Jahr auch mit weniger Gewinn und Bargeldmittelzuflüssen. So dürfte das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) nur rund 5,5 Mrd. Euro betragen und nicht 6,5 bis 7 Mrd. Euro wie im Februar in Aussicht gestellt.
Der Free Cashflow vor Kundenfinanzierungen wiederum dürfte sich auf 3,5 Mrd. Euro reduzieren. Zuvor war Airbus von rund 4 Mrd. Euro ausgegangen. Damit dürften beide Werte niedriger als letztes Jahr ausfallen, als der Luft- und Raumfahrtkonzern ein bereinigtes Ebit von 5,8 Mrd. Euro und einen freien Cashflow vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen in Höhe von 4,4 Mrd. Euro verbuchte.
Raumfahrtgeschäft auf dem Prüfstand
Nachdem die Rüstungs- und Raumfahrtsparte bereits 2023 vor allem wegen Problemen im Satelliten-Geschäft Sonderbelastungen in Höhe von 600 Mill. Euro hinnehmen musste, nimmt Airbus nun im zweiten Quartal neue Abschreibungen in Höhe von 900 Mill. Euro dafür vor. Faury hat die Sparte zu Beginn des Jahres umgebaut und bei Space Systems eine neue Führungsmannschaft installiert. „Wir haben die neue Leitung von Space Systems beauftragt, die Programme auf den Prüfstand zu stellen“, erklärte er jetzt während einer Analystenkonferenz.
Man habe dabei neue Schwierigkeiten bei Satellitenverträgen in den Bereichen Telekommunikation, Navigation und Erdbeobachtung ausgemacht. Die dafür vorgenommenen Abschreibungen sind nach Angaben von Finanzchef Thomas Toepfer bereits in den neuen Prognosen enthalten. Die Raumfahrtaktivitäten seien für Airbus kein schlechtes Geschäft, sagte Faury. Der Konzern prüfe jetzt aber dennoch alle strategischen Möglichkeiten für sie, inklusive Optionen für Fusionen und Akquisitionen, einer möglichen Restrukturierung, Kooperationen und einer Überprüfung des Portfolios.
Die neue Abschreibung stelle Gegenwind für die Glaubwürdigkeit der Konzernführung im Raumfahrtgeschäft dar, urteilen die Analysten von Royal Bank of Canada. Deshalb sei jede Maßnahme willkommen, die die mit diesem Teil des Portfolios verbundenen Risiken mindere. Das Geschäft von Space Systems entwickele sich nach einem bereits schwierigen Jahr 2023 weiterhin unterdurchschnittlich, bemängeln die Experten der Deutschen Bank, die die Airbus-Aktie nach der Gewinnwarnung von „kaufen“ auf „halten“ herabstuften.
A320-Produktion wird langsamer gesteigert
Zu den Problemen der Raumfahrtaktivitäten kommen die anhaltenden Schwierigkeiten der Lieferkette, die die Flugzeugbausparte bremsen. „Die Nachfrage ist nach wie vor da“, erklärte Faury. „Die Lieferkette steigert die Produktion, aber nicht simultan und nicht so schnell wie für uns nötig.“ Deshalb soll nun die geplante Produktionshochfuhr der beliebten A320-Mittelstreckenjets langsamer erfolgen als geplant. Airbus will sie nach wie vor auf 75 Maschinen pro Monat steigern, doch dieses Ziel soll nun nicht 2026, sondern erst 2027 erreicht werden.
Der Flugzeugbauer musste die A320-Produktionssteigerungen in den letzten Jahren mehrfach anpassen. Ursprünglich wollte er die Rate von 75 Maschinen pro Monat bereits 2025 erreichen.
Faury sprach von einer Verschlechterung der Situation bei den Triebwerksherstellern. Bei mehreren gebe es Engpässe, sagte er. Dabei nannte er die RTX-Tochter Pratt & Whitney und CFM International, ein Joint Venture von Safran und GM.
Die Triebwerkshersteller müssten sich den Konsequenzen ihrer Verspätungen stellen, antwortete Faury auf eine Frage, ob Airbus Entschädigungen verlangen will.