Airbus stellt Verbleib in Großbritannien in Frage
wü Paris – Tom Enders ist dafür bekannt, nicht um den heißen Brei herumzureden. Der Airbus-Chef hat nun eine Warnung an Großbritannien adressiert, die eindeutiger kaum hätte ausfallen können. Ein ungeordneter Brexit dürfte Konsequenzen für die Standorte des Luft- und Raumfahrtkonzerns in England haben, warnte er in einer Videobotschaft. “Wenn es einen Brexit ohne Abkommen gibt, müssen wir bei Airbus möglicherweise sehr schädliche Entscheidungen für Großbritannien treffen”, sagte Enders.Es sei zwar nicht möglich, britische Werke sofort zu verlegen. Aber die Luft- und Raumfahrt sei ein langfristiges Geschäft, so der Airbus-Chef. “Bitte hören Sie nicht auf den Wahnsinn der Brexit-Befürworter, die behaupten, dass wir, weil wir hier riesige Werke haben, nicht wegziehen und immer hier sein werden.” Es gebe auf der Welt genügend andere Länder, die nur zu gerne Tragflächen für Airbus bauen würden, betonte Enders. “Die britische Luft- und Raumfahrtindustrie steht nun am Abgrund. Der Brexit droht, ein Jahrhundert der Entwicklung auf der Grundlage von Bildung, Forschung und Humankapital zu zerstören.”Airbus ist mit mehr als 25 Standorten und 14 000 Mitarbeitern der größte zivile Luftfahrtkonzern in Großbritannien. Die Flugzeugbausparte lässt in Filton und Broughton die Tragflächen für fast alle seine Passagier- und Frachtflugzeuge entwickeln, bauen und testen. Lediglich die Tragflächen des im letzten Sommer von Bombardier aus Kanada übernommenen Regionaljetprogramms werden in Belfast in Nordirland gefertigt. Bombardier hat bereits Interesse bekundet, bei einem künftigen Tragflächen-Programm von Airbus eine Schlüsselrolle zu spielen.Airbus sei nicht abhängig von Großbritannien, meint Enders. Dagegen habe das Vereinigte Königreich in einer globalen Wirtschaft nicht mehr die Fähigkeit, es allein zu schaffen. “Große Luft- und Raumfahrtprojekte sind multinationale Angelegenheiten”, mahnte er. Die Frage sei, ob England an dem künftigen Erfolg von Airbus teilhaben wolle. Enders appellierte an das Land, eine pragmatische Regelung vorzulegen, wenn es wirklich aus der Europäischen Union austreten wolle. Es sei eine Schande, dass mehr als zwei Jahre nach der Brexit-Abstimmung Unternehmen immer noch nicht in der Lage seien, für die Zukunft richtig zu planen, kritisierte er. Airbus hat begonnen, Lagerbestände aufzustocken, um drohende Brexit-Verwerfungen abzufedern. Damit kann Airbus laut früheren Angaben seine Produktion für maximal einen Monat sicherstellen.