Airbus stoppt Mittelabfluss

Seit Jahresbeginn 12 Mrd. Euro verbrannt - Hoher Quartalsverlust - Zusatzkosten wegen Stellenabbau

Airbus stoppt Mittelabfluss

Der wie Boeing von der Coronakrise schwer getroffene Airbus-Konzern hat den Mittelabfluss dank drastischer Kostensenkungen stoppen können. Seit Jahresbeginn verbrannte der Flugzeughersteller fast 12 Mrd. Euro. Im Sommerquartal verbuchte Airbus einen freien Cash-flow von 0,6 Mrd. Euro.sck München – Wie der Rivale Boeing musste Airbus den verheerenden Folgen der Corona-Pandemie für die Luftfahrtbranche abermals Tribut zollen. Der europäische Flugzeughersteller und Raumfahrttechnologiekonzern flog im Sommerquartal tief in die Verlustzone. Von Juli bis September verbuchte das Unternehmen mit Sitz in Toulouse einen Fehlbetrag von 767 Mill. Euro. Es ist der vierte Verlust in einem Vierteljahr in Folge. Ein Jahr zuvor erwirtschaftete Airbus einen Gewinn von 989 Mill. Euro. Zusammen mit dem Verlust des ersten Halbjahres (1,9 Mrd. Euro) weitete sich das Defizit nach neun Monaten auf 2,7 Mrd. Euro aus. Zur Erinnerung: In den ersten drei Quartalen 2019 erzielte der Konzern einen Überschuss von 2,2 Mrd. Euro.Infolge der Verluste schrumpft die Eigenkapitalquote des Konzerns per Ende September auf 1,7 % bei Eigenmitteln von 1,9 Mrd. Euro. Zu Jahresbeginn betrug diese noch 5,2 % bei einem Eigenkapital von 6 Mrd. Euro.Ein Umsatzeinbruch aufgrund deutlich geringerer Flugzeugauslieferungen und eine im dritten Quartal für den geplanten Personalabbau gebildete Rückstellung von 1,2 Mrd. Euro machten Airbus zu schaffen. Von Juli bis September schrumpften die Konzernerlöse um 27 % auf 11,2 Mrd. Euro. Nach neun Monaten verzeichnete der Konzern ein Minus von 35 % auf 30,1 Mrd. Euro. Die Zahl der ausgelieferten Flugzeuge an Airlines fiel um 40 % auf 341 Stück zurück. Das um Sonderaufwendungen bereinigte operative Ergebnis sackte im Quartal um 49 % auf 820 Mill. Euro ab. Dieses Resultat fiel aber höher aus als von Analysten im Schnitt erwartet.In einer Telefonkonferenz mit Analysten betonte Konzernchef Guillaume Faury, dass die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern andauern. Airbus will 15 000 Stellen bis Sommer nächsten Jahres streichen. Das entschied der CEO im Juni. Ende September beschäftigte Airbus weltweit über 134 000 Personen. Die Rückstellungen sind unter anderem für Abfindungen der betroffenen Mitarbeiter vorgesehen.Derweil konnte die Konzernführung den Mittelabfluss im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt im laufenden Geschäft stoppen. So verbuchte das Unternehmen vor Übernahmen und Kundenfinanzierungen einen Mittelzufluss von 0,6 Mrd. Euro. Dazu trugen vor allem Kostensenkungen in der Produktion bei, da die Airlines wegen eigener Schwierigkeiten keinen Bedarf an neuen Verkehrsmaschinen hatten. Aufgrund der Pandemie müssen sie weiterhin ihre Kapazitäten deutlich herunterfahren. Finanzchef Dominik Asam sprach von einem konsequenten Management des Working Capital. Die Anstrengungen beim Kostenabbau gingen weiter. Seinen Worten zufolge wird die nach wie vor hohe Bruttoliquidität dem Unternehmen helfen, sicher durch die Krise zu steuern. Ende September verfügte der Konzern über Bruttomittel von 18,1 Mrd. Euro. Das sind 4,6 Mrd. Euro weniger im Vergleich zum Jahresultimo 2019.Trotz der leichten Aufhellung im Sommerquartal war nach neun Monaten der freie Cash-flow tiefrot. Das Minus betrug 11,8 Mrd. Euro. Im laufenden Jahresschlussquartal peilt Asam bei dieser Cash-Position mindestens eine ausgeglichene Entwicklung an. Dabei setzt das Management aber voraus, dass es zu keinen weiteren Störungen der Weltwirtschaft und des Luftverkehrs wegen der Pandemie kommt. Aktie dreht ins MinusIm Ausblick für den freien Cash-flow seien die neuen Kontaktbeschränkungen berücksichtigt, so der CEO. “Unsere Prognose basiert auf dem, was wir jetzt absehen können”, sagte Faury. Eine weiteren Ausblick wagten er und der CFO nicht. Im Frühjahr mussten sie ihre ursprünglichen Erwartungen für 2020 aufgrund der Coronakrise kassieren.Die Anleger nahmen das Zahlenwerk verhalten auf. Nach anfänglichen Kursgewinnen drehte die Airbus-Aktie in Paris ins Minus. Am Abend notierte der Titel bei 61,50 Euro um 0,4 % unter Vortagesschluss. Seit Jahresbeginn hat das Papier rund die Hälfte an Wert eingebüßt.Faury sieht in der wohl bisher schwersten Krise der Luftfahrtbranche Grund zur Hoffnung. Im dritten Quartal lieferte der Konzern wieder mehr Flugzeuge aus als in den ersten Monaten der Pandemie. Er hält es sogar für denkbar, die Flugzeugproduktion im nächsten Sommer wieder ein Stück hochzufahren.Unterdessen ist offen, wann Airbus ihre Flugzeugproduktion wieder hochfährt. Die Kürzung um 40 % hatte Faury zunächst auf zwei Jahre angelegt. Er erwartet, dass die Nachfrage nach Kurz- und Mittelstreckenflügen zuerst wieder anzieht und das Geschäft auf der Langstrecke deutlich länger darben wird. Daher dürfte die Nachfrage nach neuen Mittelstreckenjets der A320-Familie nach seiner Einschätzung zuerst wieder steigen.Airbus hat ihre Zulieferer deshalb darauf vorbereitet, dass der Konzern die Produktion der A320-Reihe und ihrer Neuauflage A320neo möglicherweise ab Sommer 2021 wieder ein Stück erhöht. Statt 40 Maschinen pro Monat könnte Airbus dann wieder bis zu 47 Exemplare bauen, hieß es.