Aktienpaketverkäufe klettern auf Rekordwert
Aktienpaketverkäufe klettern auf Rekordwert
Großaktionäre nutzen hohe Kurse besonders in Europa zum Kassemachen
cru Frankfurt
Finanzinvestoren, Konzerne und Milliardärsfamilien haben die hohen Aktienkurse in den vergangenen drei Monaten ausgiebig genutzt, um an der Börse Kasse zu machen, Gewinne mitzunehmen oder ihre Beteiligungen zu entflechten. Die Platzierungen von Aktienpaketen per beschleunigtem Bookbuilding erreichen einen Rekordwert. Damit hat sich die schon 2024 rasante Entwicklung noch beschleunigt. Bisher wurden im laufenden Jahr Aktienpakete im Gesamtwert von rund 51 Mrd. Dollar per Accelerated Bookbuilding an der Börse versilbert, davon 31 Mrd. Dollar in Europa in 51 Deals – mehr als je zuvor im ersten Quartal und rund 50% mehr als im Vorjahr. Das geht aus Daten hervor, die Goldman Sachs und J.P. Morgan für die Börsen-Zeitung zusammengestellt haben.
Gewinnmitnahmen lohnen
„Wir sehen seit Jahresbeginn ein stark ansteigendes Niveau bei Aktienplatzierungen (ABOs) in Europa", sagte Philipp Suess, Head of Equity Capital Markets Germany/Austria bei Goldman Sachs in Frankfurt. "Die Transaktionsvolumina sowie die Anzahl der Platzierungen sind Beleg für die hohe Aufnahmefähigkeit der Aktienmärkte und Markttiefe, trotz erhöhter Marktvolatilität.“
Zu den großen Aktienpaketverkäufen gehören eine Reihe von seit langem gehaltenen, strategischen Beteiligungen – mit oft überraschenden Verkäufern. Der US-Pharmakonzern Pfizer stieß vergangene Woche ein Paket von Aktien des britischen Anbieters rezeptfreier Medikamente Haleon im Wert von 2,55 Mrd. Pfund ab. Ein Sonderfall ist Strabag: Ebenfalls vergangene Woche verkaufte die österreichische Familie Haselsteiner nach dem plötzlichen Tod von Strabag-CEO Klemens Haselsteiner zum ersten Mal seit dem Börsengang 2007 Anteile an dem Bauunternehmen. Die 1,7% sind rund 150 Mill. Euro wert. Der Anteil der Gründer sinkt dadurch auf 29%. Durchgeführt wurde die Transaktion von Unicredit.
VW verringert bei Traton
Volkswagen trennte sich zum ersten Mal seit dem IPO von Traton 2019 von Anteilen an dem Lastwagenhersteller im Wert von 360 Mill. Euro. Und die Familie Peugeot reduzierte ihre Beteiligung am technischen Gebäudedienstleister Spie erstmals seit ihrem Einstieg vor acht Jahren um ein Paket von 2,5% im Wert von 160 Mill. Euro. Ein weiterer überraschender Verkauf war das 2,7%-Paket an Universal Music Group im Wert von 1,3 Mrd. Euro, das Bill Ackmans Pershing Square mit Hilfe von Morgan Stanley auf den Markt warf.
Verkäufe nahe des Höchstkurses
Meist lohnte es sich für die Großaktionäre, Gewinne mitzunehmen: Die Aktien von British American Tobacco waren vor dem Verkauf durch Reinet im Wert von 1,2 Mrd. Pfund im Laufe des Jahres um mehr als 23% gestiegen, während Strabag, Universal Music Group, Novartis und Ferrari alle zu einem Preis in der Nähe des höchsten jemals erreichten Schlusskurses veräußert wurden. Manchmal wurde mit Abschlägen von weniger als 5% auf den letzten Kurs platziert. Den Auftakt zu Paketverkäufen von Langzeitaktionären hatte die Luxemburger Investmentfirma Reinet im Januar mit dem Verkauf von British-American-Tobacco-Aktien im Wert von 1,2 Mrd. Pfund gemacht.
Weitere Beispiele waren seither die Trennung der Japan Post von der Japan Post Bank (4,2 Mrd. Dollar) oder der Teilausstieg der Familie Agnelli bei Ferrari (3 Mrd. Euro) und der Familie Reimann beim US-Konzern Keurig Dr. Pepper (2,8 Mrd. Dollar). Die Sandoz-Stiftung trennte sich, beraten von Evercore, von Novartis-Aktien für 2,7 Mrd. sfr und EQT reduzierte beim belgischen Chemiehändler Azelis, ebenso wie Siemens bei Healthineers oder CVC bei der Mailänder Pharmafirma Recordati.
Mit Ausnahme des Teilausstiegs der Fiat-Gründerfamilie Agnelli beim Sportwagenbauer Ferrari war die Kursentwicklung nach der Transaktion meist weiter sehr gut. Das hat dazu eingeladen nachzuahmen.