Aktionäre werfen Porsche-Chef Interessenkonflikte vor
Hauptversammlung
Heftige Kritik an Porsche-CEO
Oliver Blume verteidigt seine CEO-Doppelrolle – Aktionäre bemängeln Dividende für Vorzüge
sck Stuttgart
Auf ihrer ersten ordentlichen Hauptversammlung nach der Rückkehr an die Börse sah sich die Verwaltung der Porsche AG mit teils heftiger Kritik konfrontiert. Zentrales Thema war auf der Präsenzveranstaltung in der Stuttgarter Porsche-Arena die umstrittene Corporate Governance. Vor rund 1.400 Teilnehmern bemängelten Redner aus dem Kreis der Kleinaktionäre und institutioneller Investoren nach ihrer Ansicht strukturelle Defizite in der Unternehmensführung. Stein des Anstoßes war vor allem die Doppelrolle des Vorstandsvorsitzenden. Oliver Blume ist seit einem Dreivierteljahr auch CEO der Volkswagen AG.
„Ihre Vorstandsdoppelfunktion macht uns sprachlos. Die Doppelrolle bringt erhebliche Interessenkonflikte. Die mangelnde Unternehmensführung sorgt für Bewertungsabschläge“, sagte Ingo Speich von Deka Investment in der Generalaussprache.
"Arbeitspensum fast unmenschlich"
„Wir sehen nicht ein, diese Governance-Risiken mittragen zu müssen“, schimpfte Hendrik Schmidt von DWS Investment. „Ihre Aufgaben, die Sie zu erledigen haben, sind fast unmenschlich“, merkte Ulrich Hocker, Präsident der Kleinaktionärsvertreter von DSW, zu Blumes Arbeitspensum an. Der Governance-Experte Christian Strenger sprach von „Interessenkollisionen“, die Nachteile brächten.
Blume hielt entgegen, dass die Doppelrolle „funktioniert“. Das hätten die ersten Monate seit seinem Amtsantritt als VW-CEO gezeigt. Die Doppelfunktion sei „auf Dauer“ angelegt. „Ich halte das für einen enormen Mehrwert für den Konzern. Das ist eine Grundlage für den Erfolg des Unternehmens. Ich bin mir der Doppelbelastung sehr bewusst.“ Blume berichtete über „klare hausinterne Regeln“, die „etabliert“ worden seien, um „Interessenkonflikte zu vermeiden“. Nach Auskunft des Doppel-CEO verteilt sich dessen Arbeitszeit „zu gleichen Teilen auf beide Posten“.
Blume zählte zwei Entscheidungen im Vorstand der VW AG auf, die seit seinem Amtsantritt beim Wolfsburger Mutterkonzern zu Interessenkonflikten geführt hätten. Dabei sei es um den Börsengang von Porsche gegangen. Er selbst hat nach eigener Auskunft an diesen Entscheidungen daher nicht teilgenommen. Im laufenden Jahr habe es bisher noch keine Aspekte dieser Art gegeben. Gleichwohl seien „Interessengegensätze zwischen Porsche und VW nicht auszuschließen“, räumte Blume ein. Er signalisierte, dass er sich in solchen Fällen bei Entscheidungen heraushalte.
Fehlende Unabhängigkeit
Zugleich bemängelten die Redner die fehlende Unabhängigkeit vieler Aufsichtsratsmitglieder. „Die Abweichungen vom Corporate-Governance-Kodex zeigen, dass Sie es doch nicht so ernst meinen mit guter Governance“, kritisierte Strenger. „Der Aufsichtsrat ist mit einer ausreichenden Anzahl unabhängiger Organmitglieder ausgestattet“, entgegnete Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche.
Kritikpunkt war auch die Dividende für die stimmrechtslose Vorzugaktie. Diese liegt mit 1,01 Euro je Titel für 2022 nur um einen 1 Cent über der Dividende für die stimmberechtigte Stammaktie. „Als Vorzugsaktionäre ohne Stimmrecht, aber mit vollen Aktionärsrisiken werden wir dafür mit einer völlig ungenügenden Dividende von gerade mal einem Cent mehr gegenüber den im Kapitalmarkt üblichen 5 bis 10% abgespeist“, beklagte Strenger.
Die Hälfte als Dividende
Für 2022 schüttet die Porsche AG symbolisch 911 Mill. Euro plus 4,5 Mill. Euro als Mehrdividende für die Vorzüge aus. Da die Porsche AG noch 2022 im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrags ihr Konzern-Nettoergebnis an VW überweisen musste, speist sich die Dividendensumme aus einer Kapitalrücklage. Der Gewinnabführungsvertrag lief Ende 2022 aus. Blume bekräftigte das Ziel, künftig rund die Hälfte des Konzernüberschusses auszuschütten.
In Bezug auf die Geständnisse von Ex-Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz und Ex-Audi-CEO Rupert Stadler im Dieselbetrugsprozess vor dem Landgericht München führte Wolfgang Porsche an, mögliche Ansprüche zu prüfen. Er fügte aber hinzu, dass man sich mit Hatz schon zuvor geeinigt habe. Stadler hingegen habe nicht dem Porsche-Vorstand angehört.