Aktionäre sollen VW-Führung entlasten
Volkswagen schlägt der Hauptversammlung die Entlastung aller Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats vor. Dabei steht noch nicht endgültig fest, wer für die Dieselabgas-Affäre verantwortlich ist.ste Hamburg – Die Konzernführung von Volkswagen empfiehlt den Aktionären trotz noch nicht abgeschlossener externer Ermittlungen in der Dieselabgas-Affäre, Vorstand und Aufsichtsrat in der Hauptversammlung am 22. Juni zu entlasten. Diese gleichlautende Entscheidung hätten beide Gremien separat getroffen, teilte der Wolfsburger Autobauer mit, der die Einladung zum Aktionärstreffen in Hannover mit den Empfehlungen heute veröffentlicht. In der Hauptversammlung soll der im Oktober 2015 gerichtlich bestellte Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch, bis zu seinem Wechsel zwölf Jahre Finanzvorstand von VW, im Amt bestätigt werden.An der Börse machte die Nachricht von der Empfehlung keinen großen Eindruck: Die VW-Vorzugsaktie legte um 0,5 % auf 130,35 Euro zu. Bislang hatte die Konzernführung stets davon gesprochen, dass ein kleinerer Kreis von Mitarbeitern für die Software-Manipulationen bei weltweit 11 Millionen Dieselautos verantwortlich sei, darunter aber kein Mitglied der ersten Führungsebene.Der Aufsichtsrat weise darauf hin, dass mit der vorgeschlagenen Entlastung durch die Hauptversammlung kein Verzicht auf mögliche Schadenersatzansprüche gegen einzelne Vorstandsmitglieder verbunden ist, teilte der Dax-Konzern weiter mit. Die von der Kanzlei Gleiss Lutz begleitete Prüfung möglicher Ansprüche dauere an. “Keine Pflichtverletzungen”Die Empfehlung zur Entlastung basiert den Darstellungen zufolge auf derzeit vorliegenden Informationen aus der noch nicht abgeschlossenen Untersuchung der US-Sozietät Jones Day zu den Hintergründen der Abgas-Affäre. Gleiss Lutz habe auf dieser Grundlage eine umfassende rechtliche Prüfung vorgenommen, die auch durch den früheren Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Wulf Goette bestätigt worden sei. Nach derzeitigem Kenntnisstand seien “keine eindeutigen und schwerwiegenden Pflichtverletzungen von aktuellen oder ehemaligen Vorstandsmitgliedern festgestellt” worden, die einer Entlastung zum jetzigen Zeitpunkt entgegenstehen würden, so Volkswagen. Wenige Tage nach Aufdeckung der Manipulationen in den USA am 18. September 2015 war der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn zurückgetreten und vom ehemalige Porsche-Chef Matthias Müller abgelöst worden. Der Konzern, der wegen der Abgas-Affäre 2015 einen Milliardenverlust verbucht hat, stellt den Abschluss der externen Untersuchungen bis Ende dieses Jahres in Aussicht.Wie Volkswagen mitteilte, entsendet das Golf-Emirat Katar, einer der drei stimmberechtigten Großaktionäre, eine Frau in den Aufsichtsrat. Die Ingenieurin Hessa Al Jaber, seit 2013 Ministerin für Informations- und Kommunikationstechnologie in Katar, soll auf der Hauptversammlung gewählt werden und den Chef von Qatar Airways, Akbar Al Baker, ersetzen. Seit Jahresbeginn gilt bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat eine Frauenquote von 30 %. Mit Al Jaber, Annika Falkengren, Chefin der schwedischen Großbank SEB, sowie der Unternehmerin Louise Kiesling, Nichte des langjährigen VW-Patriarchen Ferdinand Piëch, würde VW die Quote erfüllen. Tarifkonflikt verschärft sichDerweil droht der Konflikt um den neuen Haustarif zu eskalieren. Betriebsratschef Bernd Osterloh, auch Mitglied im Konzernaufsichtsrat, verknüpfte die Forderung nach einer Erfolgsprämie für die Belegschaft erstmals mit den laufenden Tarifverhandlungen. “Entweder einigen wir uns in Gesprächen mit dem Vorstand, oder wir haben ja auch eine Tarifrunde”, sagte er am Rande einer Kundgebung mit 30 000 VW-Beschäftigten in Wolfsburg. Der Vorstand habe sich mit seinem Verzicht auf nur 30 % der Boni eindeutig entschieden. Konzernchef Müller habe eine Anerkennungsprämie auch zugesagt. Die Höhe ist noch offen.