Aktionärsaktivisten auf dem Vormarsch
Aktivistische Aktionäre sind in den USA Treiber des Geschäfts mit Fusionen und Übernahmen. In Europa ist ihre Bedeutung bisher gering. Auch vor ganz großen Namen wie Apple scheuen die Manager dieser speziellen Hedgefonds nicht zurück.wb Frankfurt – Ob Carl Icahn, Daniel Loeb, William Ackman, sie gehen immer nach dem gleichen Rezept vor: Sie erwerben einen Minderheitsanteil an einem börsennotierten Konzern und dringen dann öffentlich auf Veränderungen wie die Abspaltung eines Unternehmensteils. Ziel ist die Steigerung des Aktienkurses. In vielen Fällen gelingt das auch, was ihnen wachsende Unterstützung anderer Aktionäre bringt. Und das Geschäftsmodell ist so lukrativ, dass immer mehr Institutionelle in entsprechende Fonds investieren. Auch wenn Paul Singers Elliott bei Samsung abblitzte und Nelson Peltz bei DuPont den Kürzeren zog: Die Bedeutung aktivistischer Investoren wächst rasant. Inzwischen verwalten sie knapp 8 % des weltweit in Hedgefonds angelegten Kapitals.Häufig schaffen Aktivisten Wert für Aktionäre, können dabei jedoch auch große Unruhe und hohe Kosten verursachen. Viel zu wenig Unternehmen sind auf mögliche Attacken vorbereitet. Dies sind Ergebnisse einer Untersuchung der Managementberatung Bain & Company, die mehr als 400 derartige Engagements unter die Lupe genommen hat. In Europa sind die Aktivisten bisher noch nicht stark in Erscheinung getreten.Auch in Deutschland nehmen diese speziellen und teils sehr rabiaten Fonds Unternehmen ins Visier – zuletzt etwa Adidas. Weltweit ist diese vergleichsweise junge Investorengattung seit der Jahrtausendwende auf dem Vormarsch. Der Studie zufolge stieg die Zahl der Engagements seitdem im Schnitt um 34 % pro Jahr. Mittlerweile verwalten aktivistische Investoren etwa 230 Mrd. Dollar.Mit wachsenden Ressourcen engagieren sich die Fonds bei immer größeren, profitablen Unternehmen, obwohl diese oft eine hohe Marktkapitalisierung aufweisen. Selbst Apple musste sich schon mit ihnen auseinandersetzen und reagierte mit Aktienrückkauf. Das Beispiel des marktschwersten Unternehmens widerlege die Ansicht, dass sich diese Investoren primär für angeschlagene Emittenten interessieren. Auch ihr Vorgehen unterscheidet sich vom landläufigen Bild. Im vorigen Jahr ließ sich ein Engagement in nur 40 % der Fälle als feindlich einordnen. Höhere RenditeIn den Augen der Anleger spricht vor allem ein Faktor für aktivistische Investoren: Ihr Engagement steigert die Aktienrendite. Im Schnitt liege diese bei betroffenen Unternehmen im ersten Jahr 1,5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Branchenindex. Über drei Jahre hinweg entwickele sie sich ebenfalls besser, hat Bain errechnet. Dessen ungeachtet dienten die Forderungen der Aktivisten allerdings auch dem Ziel, kurzfristig die Profitabilität zu erhöhen. Damit konterkarierten sie langfristig angelegte Unternehmensstrategien.Wichtig ist laut der Studie der Berater vor allem die Kenntnis der Investmentthesen der neuen Aktionäre. Dazu zählen zum Beispiel eine stärkere Beteiligung der Anteilseigner am Unternehmenserfolg, ein strategischer Kurswechsel, das Heben von Effizienzpotenzialen und M & A-Aktivitäten bis hin zu einer Zerschlagung sowie die Vorstandsvergütung und Corporate Governance. In drei von vier Fällen werde der Austausch von Führungskräften gefordert. Tatsächlich entwickele die Mehrzahl der Aktivisten vorab eine umfassende und detaillierte Agenda, um das Zielunternehmen zu ändern. Nur eine Minderheit beschränke sich darauf, durch öffentlichen Druck das Management zu kurzfristigen Aktionen zu bewegen. Öffentlichkeit mobilisiertAktivisten seien in der Lage, mit Forderungen nach einer leistungsgerechteren Vorstandsvergütung oder nach Sonderdividenden die Öffentlichkeit zu mobilisieren und auf Hauptversammlungen Mehrheiten zu gewinnen. Ein bereinigtes Portfolio oder eine neue Ausschüttungspolitik könne die Bewertung am Kapitalmarkt erhöhen. “Je geringer die Arbitragemöglichkeiten sind, desto geringer ist auch die Gefahr eines Engagements aktivistischer Investoren”, heißt es.”Simple Abwehrreflexe laufen ins Leere”, warnt Bain-Partner Wilhelm Schmundt. Gelistete Unternehmen sollten sich intensiv mit ihrem Vorgehen und Investmentansätzen beschäftigen: “Die Diskussion möglicher Erwartungslücken ist essenziell.” Gleichzeitig gelte es, konkrete Pläne in der Schublade zu haben, sollten Aktivisten auf den Plan treten. In den USA wehrte sich der Online-Händler Ebay erst gegen die Forderungen von Icahn, die Bezahlsparte Paypal als eigene Firma an die Börse zu bringen, und wies auf Synergien hin. Icahn gab seinen 2013 gestarteten Kampf schließlich auf. Im September 2014 überraschte Ebay die Aktionäre dann doch mit Abspaltungsplänen für Paypal. Gestern war die Erstnotiz.