Aktivisten lassen auch in Europa nicht locker

Fast 60 neue Kampagnen gestartet - Konjunkturelle Schwäche wird streitbare Investoren unterstützen

Aktivisten lassen auch in Europa nicht locker

wb Frankfurt – Aktionärsaktivisten werden mit höherer Volatilität, wirtschaftlicher Eintrübung und anziehenden Finanzierungskonditionen neues Futter erhalten. Finanziell gesunde Unternehmen in Industrie, Chemie, Konsumgütern oder Pharma werden nach den Erwartungen des Activistmonitor (Acuris) zunehmend zu Zielen der streitbaren Shareholder-Value-Verfechter, die im amerikanischen Markt schon seit vielen Jahren zu den Akteuren zählen.Hierzulande haben Fälle wie Thyssenkrupp oder der Anlagenbauer Gea für Aufsehen gesorgt. Zuletzt sind in Frankreich Pernod Ricard, im Dax Bayer und in der Schweiz Nestlé ins Visier geraten. Dabei liegt Elliott Management des US-Milliardärs Paul Singer mit weitem Abstand unter den streitbaren Fonds vorn. Elliott ist bei Gea und Uniper oder den Briten GKN oder Fidessa aktiv. Drei Komplexe sind es, die namentlich Elliott Gewinn wittern lassen: Strategische Alternativen wie M & A, Board- und Management-Wechsel sowie Devestitionen/Spin-offs. Branchenweit liegen laut Activistmonitor Unzufriedenheit mit dem Management, Governance-Änderungen, strategische Alternativen wie Mergers und strukturelle Änderungen bzw. eine andere Kapitalstruktur vorn.Die Marktbeobachter des Branchenmonitors zählen für das abgelaufene Jahr 67 neue Kampagnen (“live & potential”), nahezu so viele wie 2017. Gestartet wurden demnach 58 nach 60 zuvor in Europa. Der größte Batzen entfällt naturgemäß dem Volumen nach auf Large Caps, während das mittlere Segment noch eher in Ruhe gelassen wird.Die Industrie liegt mit 23 Fällen vorn und weist die größte Steigerungsrate auf. In Europa sei ein Anstieg von 41 % bei den schon laufenden und den potenziellen Kampagnen in Small Caps (unter 1 Mrd. Dollar Marktkapitalisierung) zu verzeichnen, während die Aktivisten bei mittleren Unternehmen auf dem Rückzug gewesen seien und Large Caps ebenfalls um 6 % weniger ins Visier dieser Investorenspezies geraten seien.Während Elliott auch als Private-Equity-Investor auftritt und nicht mehr nur Minderheiten, sondern ganze Unternehmen übernimmt, zieht es Private Equity in den Beritt von Hedgefonds. So will etwa EQT auch in Deutschland über Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften die Strategie mitbestimmen und schlecht geführte und unterbewertete Unternehmen optimieren. Angestrebt werden in der Regel ein oder zwei Sitze im Aufsichtsrat. Weltweit sind Aktivisten im vergangenen Jahr so viele börsennotierte Unternehmen angegangen wie noch nie, wie die Investmentbank Lazard berichtet hatte. Demnach wurden 226 Unternehmen zum Ziel der Aggressoren. Diese Investoren machten 65 Mrd. Dollar locker, um sich einzukaufen. Elliott war mit 22 neuen Kampagnen auch global am aktivsten.Die aktivistischen Fonds hatten in den vergangenen Jahren hohe Mittelzuflüsse und sind daher seit vier bis fünf Jahren zunehmend auch in Europa aktiv. Sie suchen weltweit nach Chancen – unter anderem auch in Japan oder Korea. Ihr US-Heimatmarkt bietet heute weniger Gelegenheiten, deshalb rücken europäische und deutsche Konzerne in den Fokus. Unternehmen werden angreifbar, wenn im Aufsichtsrat zu wenig Fachwissen sitzt oder Wachstum und Gewinnmargen schwächer als beim Wettbewerb sind, was die Bewertung drückt. Insofern prüfen Unternehmen inzwischen selbst mit der Brille der Investoren bereits Abspaltungen und Verkäufe, bevor der Aktivist an die Tür klopft.