Alarm in der Autoindustrie

Studien: Sinkende Margen bei Herstellern und Zulieferern - Absatzrückgang und hoher Investitionsbedarf

Alarm in der Autoindustrie

Obwohl der Absatz in der Automobilbranche bislang nur leicht rückläufig ist, sinken die Margen bereits rasant. Sowohl Zulieferer als auch Hersteller haben damit zu kämpfen, dass anhaltend hohem Investitionsdruck eine fallende Nachfrage gegenübersteht, wie Studien von Roland Berger und EY zeigen.Von Sebastian Schmid, FrankfurtWenige Tage vor Beginn der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt schlagen Analysten Alarm für die wichtigste deutsche Industriebranche. Der weltweiten Automobilzuliefererindustrie wird 2019 eine durchschnittliche Ebit-Marge von nur 6 % zugetraut – der niedrigste Wert seit 2012 -, wie aus der “Global Automotive Supplier Study 2019” von Roland Berger und Lazard hervorgeht. “Grund für diese negative Entwicklung sind vor allem der schwache Pkw-Absatz in China und die allgemeine konjunkturelle Abkühlung. Hinzu kommen strukturelle Veränderungen im Rahmen des Wandels hin zur Elektromobilität”, erklärt Felix Mogge, Partner bei Roland Berger. “Internationale Handelskonflikte und die laufenden Sparprogramme der Hersteller verstärken den Trend.” Druck wird durchgereichtDie Hersteller geben indes nur den Druck weiter, den sie selbst schon spüren. Eine aktuelle Studie von EY stellt fest, dass die Umsatzrendite aller Autobauer im zweiten Quartal im Schnitt um 1,2 % auf 5,1 % gesunken ist. Besonders dramatisch war der Absturz bei den hiesigen Herstellern, deren Marge um drei Prozentpunkte auf 4,3 % absackte. Damit bildeten sie in der Dreimonatsperiode zusammen mit den US-Herstellern das Margenschlusslicht. Führend bleiben trotz eines Rückgangs um 1,1 Prozentpunkte die Japaner mit 6,6 %. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) der deutschen Hersteller soll dieses Jahr weniger als 5,8 Mrd. Euro erreichen und fiele damit kaum mehr als halb so hoch aus wie noch 2017. Allerdings waren hier auch Einmaleffekte entscheidend – im Wesentlichen die von Daimler drastisch angehobenen Rückstellungen, die den Stuttgartern einen Quartalsverlust von 1,3 Mrd. Euro eingebrockt haben. Überkapazitäten in ChinaEin wesentlicher Faktor, der die Autoindustrie derzeit belastet, ist die anhaltende Nachfrageschwäche in China. Im Reich der Mitte, das in den vergangenen Jahren noch der Wachstumsmotor der globalen Automobilindustrie war, hat der Handelskonflikt mit den USA die Rahmenbedingungen verschlechtert und die Automobilverkäufe im ersten Halbjahr zweistellig gegenüber der Vorjahresperiode abstürzen lassen. Das führe bei vielen Zulieferern, die in der Boomphase investiert hatten, mittlerweile zu ordentlich Überkapazitäten, so Mogge. “Jetzt bleiben bei manchen Zulieferern 60 bis 70 % der neuen Kapazitäten ungenutzt.”Roland Berger und Lazard raten den Zulieferern “sich jetzt einen ausreichenden finanziellen Spielraum” zu sichern. Der Zugang zu Kapital könne durch die negative Marktlage demnächst schwieriger werden. Während Aktienanleger sich nach weniger zyklischen Branchen umsehen, würden Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger, was insbesondere kleinere Zulieferer betreffen werde, glaubt Christof Söndermann, Managing Director bei Lazard. Trotz der schwächelnden Autokonjunktur bleibe der Investitionsdruck riesig: Egal ob Digitalisierung, neue Mobilitätskonzepte, autonomes Fahren und E-Mobilität – bei vielen dieser Projekte sei es schwierig zu prognostizieren, wann und ob die Investitionen Gewinn abwerfen. Kein PatentrezeptEin allgemeingültiges Patentrezept für die Zulieferer haben Roland Berger und Lazard in ihrer Studie nicht parat. Dafür seien die jeweiligen Herausforderungen zu unternehmensspezifisch. Gefordert seien aber vor allem agile Strukturen und Vorgehensweisen. Auch sollten verstärkt Kooperationen geprüft werden, rät Mogge.Was für die Zulieferer gilt, trifft auch auf die Hersteller zu. Von den 16 weltgrößten, die EY in ihrer Studie untersucht hat, haben mit BMW, Honda, Mitsubishi und Toyota nur vier im zweiten Quartal ihren Absatz gesteigert. Branchenweit betrug das Absatzminus 5 %. Hier zeigten sich besonders die US-Hersteller und die französischen Hersteller mit einem Rückgang um je knapp ein Zehntel schwach. Beide zeichneten sich durch deutlich überdurchschnittliche Absatzrückgänge in China aus, wo deutsche und japanische Autobauer gegen den Markttrend sogar noch zulegen konnten.Absatz- und Umsatzentwicklung liefen dabei zum Teil deutlich auseinander. So legte der Umsatz bei den französischen Konzernen trotz Absatzflaute um fast 5 % zu – laut EY hilft hier der Trend der Kunden, höherpreisige SUVs zu kaufen. Am schwächsten war indes die Entwicklung bei den US-Konzernen, deren Umsatz im Schnitt um gut 3 % absackte.