Alles nur noch Schrott?

Von Peter Olsen, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.7.2016 Der in den USA ausgehandelte Vergleich in Sachen Dieselabgas-Affäre kommt Volkswagen nach derzeitigem Stand gut 15 Mrd. Dollar teuer, wenn alle betroffenen 475 000 VW- und Audi-Modelle mit einem...

Alles nur noch Schrott?

Von Peter Olsen, FrankfurtDer in den USA ausgehandelte Vergleich in Sachen Dieselabgas-Affäre kommt Volkswagen nach derzeitigem Stand gut 15 Mrd. Dollar teuer, wenn alle betroffenen 475 000 VW- und Audi-Modelle mit einem 2-Liter-Diesel zurückgekauft werden müssen (vgl. BZ vom 29. Juni). Dabei wird der Rückkaufwert so berechnet, als habe es “Dieselgate” und den damit einhergehenden Preisverfall am US-Gebrauchtwagenmarkt für betroffene Konzernmodelle nicht gegeben. Alternativ sollen die Kunden aber auch ihr Fahrzeug technisch nachbessern lassen können und dann zusätzlich eine Ausgleichszahlung von 5 100 bis 10 000 Dollar erhalten, hieß es.Eine von der US-Umweltbehörde EPA und dem kalifornischen Pendant CARB akzeptierte und freigegebene technische Lösung gibt es aber im Unterschied zu Deutschland und Europa, wo für einige Modellreihen ein Software-Update reicht, noch nicht. In den USA, so heißt es in Unternehmenskreisen, gebe es Verhandlungen, bis man eine Lösung, die allen passt, gefunden habe. Das kann dauern, denn wegen der ungleich strengeren Abgasvorschriften insbesondere in Kalifornien wird es in den USA mit einem Software-Update nicht abgehen.Umfangreiche Umbauten mit Zusatztanks für Adblue (Harnstoff) und möglicherweise zusätzliche Katalysatoren lassen sich wohl nicht vermeiden, heißt es in der Branche. Eine gefundene Lösung müsste dann noch getestet, danach die nötigen Teile produziert, dann mit den Kunden Kontakt aufgenommen und der Umbau vorgenommen werden. Bis das so weit ist, könnte manches der VW-Modelle schon neun oder zehn Jahre auf dem Buckel haben. Experten haben ZweifelAutoexperten zweifeln denn auch, ob es zu dem komplizierten Nachrüsten überhaupt kommt. Zum einen sind die inkriminierten Fahrzeuge für einen zusätzlichen Harnstofftank oder zusätzlichen Katalysator nicht konzipiert. Zum zweiten würde eine solche Lösung vermutlich so teuer, dass sie für den Großteil der betroffenen Fahrzeuge gar nicht in Frage komme.Immer häufiger kommt deshalb die Frage auf, ob Volkswagen sich nicht finanziell besser stellen würde, wenn man alle betroffenen Fahrzeuge, koste es, was es wolle, zurücknehmen und anschließend verschrotten würde. Denn nach amerikanischer Rechtsauffassung sind die mit 40-fach erhöhten Stickoxidwerten herumfahrenden Diesel illegal und dürfen deshalb auch nicht in andere Länder mit großzügigeren Emissionsregeln ausgeführt werden. Wenn man sie wirklich “reparieren” kann, dann könnte VW sie nach Rückkauf auch in den USA als Gebrauchtwagen verkaufen – wenn sich das am Ende lohnt, nach Rückkauf, Entschädigung und Reparatur. Detektivische SucheVolkswagen steht aber auch in anderer Hinsicht vor einer noch nie da gewesenen Aufgabe. Denn um die langmütigen amerikanischen Kunden, die lieber ihr Fahrzeug ohne nach der Reparatur drohende Leistungseinbußen weiterfahren würden, zum Ansteuern eines VW-Händlers zu bewegen, muss der Konzern die genannten hohen Anreize bieten. Die US-Behörden verlangen, dass der Rückruf mindestens 85 % der betroffenen Fahrzeuge umfasst.Anders als in Deutschland gibt es aber in den USA kein vergleichbares zentrales Melderegister. Es wird also auch detektivischer Arbeit bedürfen, um die geforderte Quote zu packen. Ansonsten drohen für jeden Prozentpunkt Zielverfehlung weitere hohe Pönalen. ——–Für Volkswagen ist die US-Abgasaffäre rechenbar. Aber können die Autos umgerüstet werden?——-