Alzchem will Investoren Futter geben
wb Frankfurt – Der erste Börsengang des neuen Jahres ist angebahnt: Mit Société Générale und Baader Bank strebt das Spezialchemieunternehmen Alzchem in den Prime Standard. Nach dem üblichen Prozedere dürfte die Erstnotiz in vier Wochen stattfinden. Als Bruttoemissionserlös werden 40 Mill. bis 50 Mill. Euro angepeilt, die großteils in den Bau einer neuen Produktionsanlage im bayrischen Trostberg gesteckt werden sollen. Aber auch die Altgesellschafter, drei Family Offices, wollen teilweise Kasse machen und Aktien umplatzieren. Und sie stellen die Mehrzuteilungsoption. Angestrebt wird ein Streubesitz über 50 %.Alzchem produziert und verarbeitet chemische Erzeugnisse der Calciumcarbid-/Calciumcyanamid-Kette für diverse Märkte. Dabei handele es sich um Produkte mit Stickstoff-Kohlenstoff-Stickstoff-Bindung, die in einer Vielzahl von Branchen genutzt würden. Betrieben werden vier Produktionsstätten in Deutschland, eine Carbidfabrik in Schweden, eine Vertriebstochter in den USA sowie eine Tochter in China für Rohstoffeinkauf und Vertrieb.Die Aktien werden aktuell von drei Family Offices gehalten: Livia Capital Partners (48,16 %), hinter der Peter Löw steht, HDI Vier CE (28,48) und Fourtwona (21,36 %). 2 % liegen bei Vorstandschef Ulli Seibel. HDI Vier steht für Martin Vorderwülbecke (Partner von 4K Invest) und Familie, Fourtwona für Markus Zöllner (4K Invest und Vorsitzender des Alzchem-Aufsichtsrats). Das Trio hatte einst Arques (heute Gigaset) geführt, dann die inzwischen aufgelöste Beteiligungsgesellschaft BluO. Diese hatte vier Kraftwerke an der Alz kurz nach dem Erwerb der Alzchem veräußert. Unklarheit herrschte über die Erwerber. Arques hatte 2006 auch den Offsetdrucker Arquana in den Prime Standard gebracht, der 2011 insolvent wurde.Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben knapp 1 500 Beschäftigte und setzte in den ersten neun Monaten 2016 gut 250 Mill. Euro um. Die Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag vor Abzug von Einmaleffekten für den Börsengang bei 14,3 % (ohne Vorjahresangabe). Zahlen werden – abgesehen vom Umsatz der ersten neun Monate mit 251 (i.V. 248) Mill. Euro – kaum genannt, auch nicht zur bilanziellen Lage. Alzchem habe in den vergangenen Jahren profitabel gearbeitet und Dividende gezahlt, sagte ein Sprecher. Die von Löw für 2011 genannten Kennzahlen waren ein Umsatz von 280 Mill. sowie ein Ebitda von rund 16 Mill. Euro (vgl. BZ vom 26.3.2013). In der SpezialchemieAlzchem bedient nach eigenen Angaben Märkte für Futtermittelzusatzstoffe und Nahrungsergänzungsmittel. Die operative Tätigkeit ist in die Sparten Specialty Chemicals, Basics & Intermediates sowie Other & Holding unterteilt.Specialty Chemicals als größte Sparte umfasse Herstellung und Vertrieb chemischer Erzeugnisse für diverse Endmärkte. Dazu zählen unter anderem ein Futtermittelzusatzstoff für Agrarbetriebe, Nahrungsergänzungsmittel, Guanidinsalze wie Guanidinhydrochlorid oder Guanidiniumthiocyanat für die Biotech-, Diagnostik- und Pharmaindustrie sowie Siliziumnitridpulver, das in der Keramik-, Beschichtungs- und Fotovoltaikindustrie genutzt werde.In Basics & Intermediates wird die Erzeugung chemischer Zwischenprodukte zusammengefasst. Diese werden entweder direkt an Dritte verkauft oder zu Spezialchemieprodukten weiterverarbeitet. Alzchem sei mit über 50 % der Produktionskapazität für Calciumcarbid der größte Anbieter in Europa (ohne ehemalige UdSSR). Diese Marktposition wurde maßgeblich durch die Akquisition der Nordic Carbide in Schweden 2014 erreicht. Laut Vorstandchef Seibel sind globales Bevölkerungswachstum, gesundes Altern und Energieeffizienz die Wachstumstreiber auch für Alzchem. Hoffen auf besseres IPO-JahrBanker hoffen für 2017 auf ein etwas stärkeres IPO-Jahr. Zuletzt fiel die Zahl der Börsengänge von 15 auf 5 – das niedrigste Niveau seit Ausbruch der intensiven Finanzkrise 2008/09. Das Emissionsvolumen schrumpfte 2016 um 28 % auf 5,1 Mrd. Euro. Allein Innogy brachte es auf ein Emissionsvolumen von mehr als 1 Mrd. Euro. Mit 4,6 Mrd. schaffte die RWE-Tochter das zweitgrößte IPO weltweit und erreichte in Frankfurt rund 90 % am Emissionsvolumen aller Börsengänge. Die übrigen Unternehmen sammelten lediglich 500 Mill. Euro. Ende 2016 lagen vier der fünf neuen Aktien im Minus. Einzige Ausnahme bildete Brain mit einem Kursplus von 100 %. Innogy liegen 14 % unter dem Verkaufspreis. Zuletzt ging zwar Trivago aus Düsseldorf an die Börse – doch nach New York. Und Varta sagte ihre Platzierung wieder ab.