Amazon-Einstieg bei Deliveroo sorgt für Stress
wb Frankfurt – Das amerikanische E-Commerce-Konglomerat Amazon tritt als größter Investor in der jüngsten Finanzierungsrunde der britischen Deliveroo auf. Dabei geht es um insgesamt 575 Mill. Dollar unter Beteiligung auch der bestehenden Investoren T Rowe Price, Fidelity Management and Research Company und Greenoaks. Damit hat das defizitäre Unternehmen bislang 1,53 Mrd. Dollar eingestrichen. Die vorherigen Serien E und F kamen 2016 bzw. 2017 auf 275 Mill. Dollar (Bridgepoint) respektive 480 Mill. Dollar. Die Bewertung wird nun auf 3 Mrd. bis 4 Mrd. Dollar geschätzt, Angaben werden dazu aber nicht gemacht.Auch Uber hat den Markt geentert und im vorigen Jahr selbst über einen Deliveroo-Einstieg verhandelt. Die Befürchtungen gehen dahin, dass durch die Zusatzfinanzierung Deliveroo mit Amazon im Hintergrund zu einem stärkeren Wettbewerber wird und dass der US-Riese Deliveroo komplett kaufen könnte. Amazon könnte die Dienste auch in ihre Echo-Dienste wie Alexa einbauen oder die Kuriere für die Lieferung von Paketen oder Essenszutaten einsetzen.Amazon hatte vorher selbst vergeblich versucht, in Großbritannien einen Lieferdienst aufzubauen. Der Einstieg des US-Konzerns, der schon selbst Lebensmittel liefert, in einen der europäischen Anbieter sorgte bei Investoren in der Branche für Stress. Bei den börsennotierten Anbietern kam es zu herben Kurseinbußen. So verlor der britische Platzhirsch Just Eat 9,5 %, die Kapitalisierung sank auf 4,6 Mrd. Pfund. Takeaway an der Euronext gab 4,6 % ab und bringt 4,3 Mrd. Euro auf die Waage. Delivery Hero in Frankfurt sank um 4,5 %, hier liegt der Börsenwert bei 7,7 Mrd. Euro. Zuletzt hatten Delivery Hero und Takeaway ihre Interessen in einem Milliardendeal neu geordnet.Laut Liberum-Research ist Just Eat die Nummer 1 in ihren Märkten und hat in Großbritannien einen geschätzt drei- bis viermal höheren Anteil als Uber Eats und Deliveroo zusammen. Mehr als 60 % der Kunden säßen in Kleinstädten, in denen Just Eat praktisch die einzige Option für Kneipen sei und in denen das Modell von Uber Eats und Deliveroo wirtschaftlich nicht funktioniere.Mit dem frischen Kapital will Deliveroo unter anderem ihr Technikteam ausbauen und ihre Liefergebiete erweitern. Deliveroo wurde 2013 von Will Shu und Greg Orlowski in London gegründet. Deliveroo hat “Partnerschaften” mit mehr als 80 000 Restaurants in rund 500 Kommunen in 14 Märkten geschlossen. Die Zahl der Fahrer hat 60 000 erreicht und die der Beschäftigten 2 500. Die Kuriere sind formal als Freiberufler oder als geringfügig Beschäftigte tätig, was für Kritik der Arbeitnehmervertreter sorgt.Just Eat hat über 100 000 Kneipen in 13 Märkten an der Hand bei 3 600 Beschäftigten. Hier liegt der Ausblick fürs Gesamtjahr bei 1,1 Mrd. Pfund Umsatz und einem operativen Ergebnis (Ebitda) von 185 Mill. bis 205 Mill. Pfund ohne Lateinamerika, wo ein Ebitda-Verlust bis 100 Mill. Pfund erwartet wird. – Wertberichtigt Seite 6