Amazon könnte Metro-Tochter Real kaufen
cru Frankfurt – Noch bevor der tschechische Finanzinvestor Daniel Kretinsky zum größten Aktionär der Metro wird, nimmt das Umbautempo des angeschlagenen Großhandelskonzerns deutlich zu. In vorauseilendem Gehorsam kündigt Metro-Chef Olaf Koch den Verkauf der Supermarktkette Real an. Eine Bank hat er dafür nach eigenen Angaben aber noch nicht mandatiert.Der Verkaufsprozess werde sich voraussichtlich über sechs bis acht Monate hinziehen und nicht vor Frühjahr 2019 abgeschlossen, sagte Koch am Freitag in einer Telefonkonferenz: “Wir schließen niemanden als Käufer aus, der es mit Real gut meint”, äußerte er sich vage über den Kreis etwaiger Interessenten.Dabei ist eher fraglich, wer sich überhaupt für Real interessieren könnte. Denn Koch machte deutlich, dass er nur im Komplettpaket samt Immobilien abgeben will. Aus Kartellgründen kommen aber im ohnehin schon hoch konzentrierten deutschen Lebensmittelhandel für Branchengrößen wie Lidl, Aldi, Rewe oder Edeka allenfalls einzelne Märkte oder kleine Filial-Pakete in Betracht. Die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann landete erst nach einer Sondererlaubnis des damaligen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel bei Edeka und Rewe.Als ein möglicher Käufer gilt bei Analysten der Online-Händler Amazon. Real hat mit einem Umsatz von 7,2 Mrd. Euro einen Anteil von 24 % an den Erlösen des Metro-Konzerns. Mit einem operativen Ergebnis von 80 Mill. Euro liegt der Anteil am Gewinn aber nur bei 7 %. Metro will sich nach der Trennung von Real, die nach Angaben Kochs sechs Monate dauern dürfte, ausschließlich auf das Großhandelsgeschäft fokussieren. Immobilien bei 1 Mrd. EuroZumindest der Zeitpunkt der Ankündigung ist laut Independent Research überraschend, da Real durch den Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag mit der Gewerkschaft Verdi die Einstellung von 2 000 neuen Beschäftigten zu niedrigeren Löhnen ermöglicht, dadurch die Personalkosten um 20 % gesenkt und somit eine profitablere Fortführung des Unternehmens ermöglicht hatte.Der Buchwert von Real, die 30 000 Beschäftigte hat, lag Ende September 2017 bei 645 Mill. Euro, der aktuelle Wert der Immobilien liegt laut Marktkreisen bei 1 Mrd. Euro.Zwischenzeitlich dürfte der Druck der Investoren auf Metro-Chef Koch zugenommen haben, sich von Real zu trennen. Seit der Abspaltung der Metro von Ceconomy ist der Metro-Kurs um fast 20 % gefallen. Vom neuen Großaktionär Kretinsky hätte Metro-Chef Koch wohl ohnehin bald die Forderung nach der Trennung von Real auf den Tisch bekommen.Verwunderlich ist die Entscheidung zum Verkauf auf Basis der Zahlen zur Profitabilität nicht: Während die operative Marge im wettbewerbsintensiven Lebensmittelgeschäft bei mageren 1,1 % liegt, wirft das margenstärkere Großhandelsgeschäft 3,7 % ab. Auch die Wachstumsperspektiven für den Lebensmittelhandel in Deutschland sind eher trüb.Metro hat bislang kaum mehr als 10 % der Real-Märkte modernisiert. Die Instandsetzung für alle 280 Filialen so zu Ende zu führen, dass aus dem Einkauf bei Real das angestrebte “Erlebnis für die Kunden” wird, würde noch viel Geld kosten. Während all dies einen Verkauf von Real aus Sicht der Metro sinnvoll macht, sprechen dieselben Argumente dagegen, dass sich ein Käufer finden wird. Der Kurs der Metro-Aktie reagierte am Freitag zunächst mit einem Plus von knapp 2 %, drehte am Nachmittag jedoch ins Minus und schloss schließlich 1,6 % schwächer bei 13,45 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich seit Februar 2018 um mehr als 20 % auf 4,9 Mrd. Euro verringert. Die Analysten der Baader Bank begrüßten den Schritt. Da die Metro ihr Vorhaben nun offiziell verkündet habe, könnte der Verkaufsprozess schon stärker vorangeschritten sein, als man auf den ersten Blick vermute. “Es gibt schon Interessenten”Koch sieht jedenfalls den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf gekommen. Metro sei bereits verschiedentlich wegen eines Real-Verkaufs kontaktiert worden, habe aber abgelehnt. Man sei “noch nicht bereit” gewesen. Die Supermarkttochter befindet sich tatsächlich schon seit Jahren im Umbau. Die Entscheidung zum Real-Verkauf erfolgt nun nur wenige Wochen nachdem Großaktionär Haniel ein Paket von 7,3 % an den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky verkaufte. Laut Koch ist dies ein “Zufall”. Kretinsky hat sich eine Option auf den Kauf der restlichen 15,2 % der Haniel-Papiere gesichert. Er führt zudem Gespräche mit dem Elektronikhändler Ceconomy über dessen 10-Prozent-Anteil.—– Wertberichtigt Seite 6