Amazon wirbt in New York für Ansiedlung in der Cloud
Vor gut zwei Wochen hat der IT-Konzern und Online-Händler Amazon bekannt gegeben, dass New York als einer von zwei Standorten den Zuschlag für die Ansiedlung einer zweiten Firmenzentrale neben dem Hauptsitz in Seattle erhalten hat. Erfüllen sich die Hoffnungen des New Yorker Bürgermeisters Bill de Blasio und von Andrew Cuomo, dem Gouverneur des Bundesstaates New York, wird Amazon rund um den neuen Standort in Long Island City in den nächsten Jahren 25 000 bis 40 000 Arbeitsplätze mit Durchschnittseinkommen oberhalb von 150 000 Dollar jährlich schaffen und im New Yorker Stadtteil Queens in den nächsten 15 Jahren mehr als 3,6 Mrd. Dollar investieren. Über die nächsten 25 Jahre soll das fast 28 Mrd. Dollar Steuereinnahmen in die öffentlichen Kassen spülen, womit die politischen Drahtzieher hinter der Entscheidung auch die milliardenschweren Anreize für die Ansiedelung in New York rechtfertigen. Für jeden investierten Dollar Steuergeld fließen an Stadt und Staat über 25 Jahre 9 Dollar zurück, rechnen De Blasio und Cuomo vor. Kritiker wenden ein, dass der Standort in Long Island City auch ohne Geschenke an Amazon gute Entwicklungschancen hatte und in den nächsten Jahren keine grüne Wiese geblieben wäre. *In New York regt sich bereits Widerstand. Die wichtigsten Einkaufstage zum Auftakt der Weihnachtssaison – der Black Friday und der Cyber Monday am Thanksgiving-Wochenende – bescherten Amazon nicht nur rekordhohe Umsätze, sondern auch Protestveranstaltungen am designierten neuen Firmensitz in Long Island City. Kritiker der Ansiedlung bemängeln vor allem den intransparenten Prozess und wollen die Rollen von De Blasio und Cuomo in den Verhandlungen prüfen. “Was wir hier gesehen haben, sollte keiner amerikanischen Stadt widerfahren”, empört sich Jimmy Van Bramer, Abgeordneter im New Yorker Stadtparlament. “Ein Gouverneur und ein Bürgermeister, die sich als progressive Demokraten ausgeben, werfen dem reichsten Mann der Welt fast 3 Mrd. Dollar hinterher und versprechen einen geheim gehaltenen Prozess, der öffentliche Hearings umgeht”, beschreibt der Councilman die Gespräche von De Blasio und Cuomo mit Amazon-Chef Jeff Bezos. Die Ansiedelung drohe den ohnehin maroden öffentlichen Nahverkehr in New York ins Chaos zu stürzen und werde die Mieten in Queens für viele Anwohner in unerschwingliche Höhen treiben, lauten zwei der größten Kritikpunkte mit Verweis auf den Hauptsitz von Amazon in Seattle, wo die Zahl von Obdachlosen in den vergangenen Jahren rapide gestiegen ist. Auch US-Senatorin Kirsten Gillibrand, die den Bundesstaat New York auf dem Kapitol in Washington vertritt, bemängelt, dass vor dem Deal mit Amazon “zu wenig Input aus der Gesellschaft” eingeholt wurde. * Während New York etwa ein Jahr um den Zuschlag von Amazon buhlen musste, bevor sich der Konzern unter 238 Bewerbern für den zweiten Firmensitz am Ende auf Long Island City und Crystal City im Bundesstaat Virginia festlegte, wirbt das Unternehmen bei der Stadt New York seit mindestens drei Jahren für eine Ansiedlung in der Cloud von Amazon Web Services. Wie das “Wall Street Journal” berichtet, hat Amazon die Lobbyingfirma Yoswein engagiert, um Abgeordneten des New Yorker Stadtparlaments und Vertretern städtischer Behörden die Vorzüge der Cloud zu erläutern. Justin Brannan, der im City Council den Ausschuss leitet, der für die Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen unter anderem an IT-Dienstleister zuständig ist, muss nicht weiter überzeugt werden. Er denke über die Verabschiedung von neuer Gesetzgebung nach, die New York eine “Cloud First”-Policy verordnen würde, sagte der Abgeordnete in dieser Woche. Das würde der Stadt nicht nur Geld, sondern auch Platz sparen, weil die IT hinter zahlreichen städtischen Dienstleistungen künftig nicht mehr in kommunalen Gebäuden, sondern in einer Serverfarm von Amazon Raum finden würde. Bei der diesjährigen “City on a Cloud Innovation Challenge” von Amazon gehörten weder New York noch Long Island City zu den Teilnehmern.