America first, Daimler second

Operative Ergebnisprognose gesenkt - Probleme mit neuem Prüfzyklus schlagen auf die Finanzen durch

America first, Daimler second

Daimler hat als erster Großkonzern seine Ergebnisprognose gesenkt und dies mit dem Handelsstreit zwischen den USA und China begründet. Hinzu kommen Sonderkosten durch die schleppende Umstellung auf den neuen Genehmigungsprozess WLTP sowie Rückrufkosten und die sinkende Bus-Nachfrage in Brasilien.igo Stuttgart – Noch im März war die Freude unter den europäischen Herstellern groß, als die chinesische Regierung ankündigte, ab Juli die Importzölle auf Autos von 25 % auf 15 % zu senken (vgl. BZ vom 7. März und 18. April). Nachdem US-Präsident Donald Trump jedoch Strafzölle von 25 % auf chinesische Waren im Wert von 50 Mrd. Dollar verhängt hatte, ließ die Antwort aus China nicht lange auf sich warten. Peking kündigte am Montag Vergeltungszölle von 25 % auf US-Waren an, darunter Pkw. Vom 6. Juli an rechnet Daimler in China demnach mit 40 % Zöllen auf Pkw aus US-Produktion. Diese Zölle sind mit den Kosten für die Umstellung auf das ab September geltende Typgenehmigungsverfahren WLTP zwei “maßgebliche” von insgesamt vier Gründen, die zu einer Gewinnwarnung führten. Daimler erwartet nun ein operatives Ergebnis (Ebit), das um 2,5 bis 10 % unter dem Vorjahreswert von 14,3 Mrd. Euro liegt. Bisher war ein Anstieg in dieser Größenordnung geplant.Der Konzern hatte einem Sprecher zufolge nach der angekündigten Senkung der Zölle auf 15 % SUVs in China entsprechend günstiger verkauft. Die Fahrzeuge werden im US-Werk in Tuscaloosa gefertigt, das 2017 gut 290 000 SUVs und S-Klassen produzierte. Zwei Drittel der SUVs werden exportiert. Welche Stückzahl nach China geht, teilt der Konzern mit Verweis auf Wettbewerbsgründe nicht mit. Einer Analyse von Bloomberg Intelligence zufolge handelt es sich um jährlich rund 60 000 Stück.Zwar werde Daimler die SUV-Preise in China wieder auf das alte Preisniveau anheben, dennoch bleibe eine Differenz. Der Kostenanstieg durch die neuen Zölle könne somit nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden, so der Sprecher. Auch eine Neuallokation der Fahrzeuge in andere Märkte könne den Effekt nicht vollständig kompensieren.Der zweite “maßgebliche” Grund für die Gewinnwarnung ist die Umstellung auf den neuen Prüf- und Zertifizierungsprozess WLTP, die derzeit bei sämtlichen Herstellern zu Problemen führt. WLTP erfordert im Unterschied zum bisherigen Verfahren, dass alle Kombinationen aus Motorisierung und Ausstattung für sämtliche Fahrzeugtypen einzeln genehmigt werden müssen.Volkswagen erwartet durch die Umstellung Produktionsverzögerungen und wird im zweiten Halbjahr bis zu 250 000 Fahrzeuge später als geplant bauen. Die Finanzziele für das laufende Jahr hielt der Konzern dennoch aufrecht (vgl. BZ vom 9. Juni). Daimler rechnet einem Sprecher zufolge indes nicht mit Produktionsverzögerungen. Allerdings ist unklar, für wie viele Fahrzeuge die Autohersteller den Behörden bisher Unterlagen vorgelegt haben. Darüber schweigen sich die Konzerne aus. Je größer der durch einen Hersteller abgearbeitete Stapel jedoch ist, desto besser sind die Mehrkosten abzuschätzen. Details, wodurch genau die Mehrkosten entstehen, nannte Daimler auf Nachfrage nicht. Gemeinsam mit den Zöllen werde sich dieser Punkt auf das Ebit der Pkw-Kernsparte auswirken, das nun leicht unter Vorjahr erwartet wird. Daneben muss Daimler in der Sparte Vans weitere Kosten für den amtlichen Rückruf von rund 5 000 Transportern verbuchen. Von den insgesamt 774 000 amtlich zurückbeorderten Pkw (vgl. BZ vom 12. Juni), bei denen das Kraftfahrt-Bundesamt eine unzulässige Einrichtung der Abgasnachbehandlung festgestellt hat, war ein Teil bereits durch das als freiwillig bezeichnete Software-Update erfasst, das Daimler im Sommer 2017 ankündigt hatte. Nicht aber die Vans. Sie sind also auch nicht durch die 2017 verbuchten Sonderkosten von 220 Mill. Euro für die Updates gedeckt. Nachdem die Sparte Vans bisher wegen hoher Anlauf- und Technologiekosten einen leichten Rückgang des Ebit erwartet hatte, soll es nun deutlich sinken.Belastungen in der Bus-Sparte entstehen Daimler durch die sinkende Nachfrage in Lateinamerika. In Brasilien hatten Streiks von Lkw-Fahrern jüngst die Wirtschaft lahmgelegt. Das habe auch Kunden der Bus-Sparte verunsichert. Eigentlich hatte Daimler dort 2018 eine deutliche Markterholung erwartet. Das Ebit der Sparte sollte nach bisheriger Planung daher leicht zulegen, wird nun aber auf Vorjahresniveau erwartet.