Amerikaner lassen von Actelion ab
Der US-Konzern Johnson & Johnson will die Schweizer Actelion nun doch nicht übernehmen. Aber der nächste Bewerber steht schon vor der Tür, Actelion bestätigte Gespräche mit einer “weiteren Partei”. Es wird spekuliert, dabei könnte es sich um Sanofi handel.dz Zürich – Die Basler Actelion ist offensichtlich eine heftig umworbene Braut auf dem internationalen Pharmamarkt. Während drei Wochen buhlte Johnson & Johnson um die Gunst der Schweizer. Gestern warfen die Amerikaner das Handtuch. Man habe sich nicht auf eine Vereinbarung einigen können, die “einen angemessen Wert für unsere Aktionäre geschaffen hätte”, gab der US-Multi bekannt. Actelion erklärte, man führe Gespräche mit “einer weiteren Partei” über eine “mögliche strategische Transaktion”. Auf Finanzportalen wird darüber spekuliert, ob es sich bei dieser Partei um den französischen Pharmakonzern Sanofi handeln könnte. Eine entsprechende Anfrage wollte das Unternehmen nicht kommentieren.Der Wert der Actelion-Aktien ging um rund 10 % auf unter 190 sfr zurück. Der Marktwert der erst 18 Jahre alten Firma beläuft sich aktuell auf gut 20 Mrd. sfr. Johnson & Johnson soll unbestätigten Gerüchten zufolge bis zu 250 sfr pro Aktie oder rund 27 Mrd. sfr für den Kauf von Actelion geboten haben.Sanofi ist schon seit etwa einer Woche als möglicher Dritter im Werben um das Pharma-Start-up im Gespräch. Analysten glauben, dass die gestrige Bestätigung fortgesetzter Verhandlungen eine noch deutlich stärkere Kurskorrektur verhindert hat. Actelion gilt nach einem langen Steigflug an der Börse schon seit geraumer Zeit als hoch bewertet. Stefan Schneider von der Bank Vontobel schätzt den Wert als eigenständige Gesellschaft auf rund 18 Mrd. sfr. Sanofi dürfte 2016 mit rund 2,5 Mrd. Umsatz einen Gewinn von gegen 800 Mill. sfr erwirtschaften. Nach dem Patentablauf des derzeitigen Hauptumsatzträgers Tracleer im kommenden Jahr trauen Analysten der Firma eine zehnjährige starke Wachstumsphase zu. Zwei Nachfolgepräparate für Tracleer sind bereits zum Verkauf zugelassen.Analyst Schneider hatte schon im November, unmittelbar nach Bekanntwerden der Gespräche mit Johnson & Johnson, eine Transaktion mit den Amerikanern als “unwahrscheinlich” bezeichnet. Jetzt sagt er, die Chance für eine allfälligen Vereinbarung mit Sanofi sei größer, weil sie mehr Spielraum für Alternativen zu einer Vollübernahme bieten könnte. Der Actelion-Firmengründer und CEO Jean-Paul Clozel und dessen Ehefrau und Forschungschefin Martine würden sich strikt gegen eine Transaktion wehren, welche die Strukturen von Actelion vollständig eliminieren würde, ist Schneider überzeugt. Und mit einer solchen feindlichen Übernahme ginge ein Käufer angesichts der speziellen Ausrichtung von Actelion ein beträchtliches Risiko ein, den Unternehmenswert zu schmälern.Actelion ist seit ihrem Bestehen stark auf die Behandlung von Bluthochdruck im Lungenkreislauf spezialisiert. Die lebensgefährliche Krankheit ist selten. Deshalb besteht nach Aussagen von Branchenkennern eine sehr enge Beziehung zwischen Patientenorganisationen, den behandelnden Ärzten und den Führungspersonen des Unternehmens. Die Clozels spielen hier eine Schlüsselrolle.Nicht nur Schneider traut Sanofi zu, dass sich die Franzosen mit Actelion auf eine für beide Seiten einvernehmliche Vereinbarung einigen können. Der in Paris domizilierte Konzern hatte 2011 für den damals außergewöhnlich hohen Betrag von 20 Mrd. Dollar die amerikanische Biotech-Gesellschaft Genzyme übernommen. Die Akquisition gilt als Vorzeigebeispiel einer gelungenen Übernahme. Die Franzosen ließen Genzyme nach dem Kauf während fünf Jahren an der langen Leine laufen und haben das Unternehmen erst Anfang des Jahres stärker in den Konzern eingebunden. Genzyme bildet jetzt eine von fünf Sanofi-Konzernsparten, mit dem expliziten Aufrag, die Erforschung von Therapien seltener Krankheiten zu forcieren.Offen bleibt die Frage, mit welchen Zielen der Verwaltungsrat von Actelion verhandelt. Präsident Jean-Pierre Garnier steht bei einigen Mitarbeitern im Verdacht, nur einen möglichst hohen Preis im Auge zu haben.