RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: STEFAN JÖRGENS

Amerikanisierung in der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen

US-Banken übernehmen das Ruder - Auswirkungen auf Vertragsgestaltung

Amerikanisierung in der Finanzierung von Private-Equity-Übernahmen

– Herr Dr. Jörgens, Finanzierungen von Private-Equity-Übernahmen kommen immer häufiger aus dem US-Markt und nicht wie früher aus London. Woran zeigt sich der Trend?Es gibt in den letzen 18 Monaten zunehmend Transaktionen, bei denen sich am Ende ein US-Dollar-basiertes Finanzierungspaket durchgesetzt hat. Dies gilt insbesondere für große Transaktionen.- Warum übernehmen US-Banken das Ruder bei der Finanzierung von deutsch-amerikanischen M & A-Transaktionen?Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die dies begünstigen. Zum einen werden die Bewertungen für Übernahmen gegenwärtig durch den US-amerikanischen Markt getrieben. Jeder Verkäufer möchte daher für US-Käufer offen sein. Zudem gab es in den Jahren unmittelbar nach der Finanzkrise keine oder kaum ausreichend große Transaktionen. Am Ende entscheiden aber die Verfügbarkeit von Kapital und die Konditionen im Wettbewerb. Übrigens heißt das nicht, dass hier nur US-Banken zum Zuge kommen. Vielmehr gibt es auch in diesem Bereich viele europäische Banken, die dann – häufig über Tochtergesellschaften in den USA – die Finanzierung bereitstellen und dann im US-Dollarraum syndizieren.- Was sind die Folgen dieser Amerikanisierung für die rechtliche Praxis?US-Dollar-basierte Akquisitionsfinanzierungsverträge unterliegen zumeist dem Recht des Staates New York und folgen den dort geltenden Vertragsusancen. Damit entsteht dann ein starkes Bedürfnis, auch die Kaufverträge dem US-amerikanischen Recht zu unterstellen. Und auch der Unternehmenskauf wird dann auf beiden Seiten mit deutsch-amerikanischen Beraterteams begleitet. Damit halten dann viele US-amerikanische Vertragsgestaltungen Einzug in den Kaufvertrag. Allerdings bleibt bei der Veräußerung eines deutschen oder europäischen Unternehmens die Transaktion in dem für das Unternehmen geltenden Rechtsrahmen eingebettet. Das führt dazu, dass die internationalen Beraterteams immer wieder amerikanische Vertragsvorstellungen in den deutschen Rechtsrahmen “übersetzen” müssen und umgekehrt.- Gibt es hier Beispiele?Ja, das beste Beispiel ist die sogenannte “Reverse Termination Fee”. Hierbei verspricht der Käufer eine Strafzahlung für den Fall, dass er den Vertrag nicht erfüllen kann, weil etwa die Kartellbehörden nicht zustimmen oder die Bankfinanzierung scheitert. Diese Strafzahlung kann dabei einen signifikanten Prozentsatz des Kaufpreises ausmachen. Mit dem Konzept der Reverse Termination Fee hat der Käufer bei geschickter Verhandlung auch die Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen. In Deutschland hat sich dieses Konzept in der Vergangenheit nicht durchsetzen können. Seit etwa zwei Jahren kommt dies aber immer wieder einmal vor.- Wo sieht man es noch?Ein augenfälliges Beispiel ist auch der sogenannte “Disclosure Process”. In der deutschen Praxis ist es üblich, dass man unternehmensbezogene Verkäufergarantien zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verträge abgibt und diese beim Vollzug der Verträge – was einen oder mehrere Monate später sein kann – nicht noch einmal wiederholt. Dies erhöht für den Verkäufer grundsätzlich die Transaktionssicherheit. Gleichzeitig trägt der Käufer das Risiko, dass sich die Situation des Unternehmens während der Transaktion verschlechtert. In den USA ist es dagegen üblich, die Verkäufergarantien als Voraussetzung für den Vollzug und den Abruf der Finanzierung noch einmal zu bestätigen. Bei einer erheblichen Verletzung von Verkäufergarantien kann der Käufer dann den Vollzug verweigern und die finanzierende Bank muss dann auch den Akquisitionskredit nicht auszahlen.- Was folgt daraus aus der Beratungspraxis?Die Frage, ob ich mich als Verkäufer auf eine US-Finanzierung einlasse, führt bei einem Wechsel in US-amerikanisches Recht für beide Seiten durchaus zu relevanten Verschiebungen bei der Frage der Transaktionssicherheit und der möglichen Haftung des Verkäufers. Dies gilt insbesondere bei der Vorbereitung von strukturierten Verkaufsprozessen. Der Verkäufer hat es hier häufig in der Hand, die Weichen bereits im Vorfeld zu stellen. Mit der nötigen Expertise kann man dies dann nutzen, um die eigene taktische Position zu verbessern.—-Dr. Stefan Jörgens ist Partner der Kanzlei Willkie Farr & Gallagher in Frankfurt. Die Fragen stellte Walther Becker.