Amerikas Digitalkonzerne vergrößern ihren Vorsprung
wb Frankfurt – Technologiekonzerne aus den USA dominieren das Ranking der wertvollsten Unternehmen der Welt. Acht der Top 10 sind US-Konzerne – sechs von ihnen kommen aus der Technologiebranche. Lediglich die Plätze 7 und 8 werden nicht von amerikanischen Unternehmen belegt: Dort stehen Alibaba und Tencent aus China – ebenfalls Technologiekonzerne.Die fünf wertvollsten Unternehmen auf dem Globus setzen allesamt auf digitale Geschäftsmodelle: Microsoft, Amazon, Apple, Alphabet und Facebook. Und das Quintett hat den Abstand zum Verfolgerfeld dieses Jahr noch weiter ausgebaut. Während die 100 wertvollsten Unternehmen ihre Börsenkapitalisierung im ersten Halbjahr um 17 % auf 21,5 Bill. Dollar steigerten, wuchs der Wert der fünf Digitalkonzerne sogar um 24 % auf fast 4,2 Bill. Dollar. Zum Vergleich: Der gesamte Dax bringt umgerechnet gut 1,3 Bill. Dollar auf die Waage.Der Marktwert der deutschen Unternehmen stieg im vergangenen halben Jahr zwar überdurchschnittlich um 28 %. Allerdings finden sich nur noch zwei deutsche Gesellschaften – SAP (Platz 52) und Allianz (Platz 98) – in den Top 100 wieder. Und dabei hat SAP jüngst erstmals für einen deutschen Konzern die Marke von 150 Mrd. Euro geknackt. Siemens ist von der 94. auf die 107. Stelle gefallen. Ende 2017 platzierten sich sogar noch sechs deutsche Unternehmen in den Top 100. Das sind Ergebnisse einer Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Microsoft an der SpitzeDoch es gibt Veränderungen an der Spitze. Bis Anfang Oktober 2018 legte Apple, seit 2012 ununterbrochen das wertvollste Unternehmen auf dem Globus, knapp 40 % zu, und die Börsenkapitalisierung kletterte auf 1,12 Bill. Dollar – höher wurde nie ein Konzern bewertet. Zum Jahresschluss waren davon 337 Mrd. Dollar verdampft. Apple musste erstmals seit 2009 Microsoft den Vortritt lassen. Nach der ersten Halbzeit 2019 ist der iPhone-Konzern auf Platz 3 gerutscht und wurde von Amazon überholt. “Mit digitalen Geschäftsmodellen haben vor allem US-amerikanische Unternehmen den Nerv der Zeit getroffen – mit ihren Dienstleistungen und Produkten revolutionieren sie ganze Branchen und erzielen enorme Gewinne”, sagt Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland. Die Investoren trauten ihnen offenbar zu, weitere Innovationen hervorzubringen und auch Strukturen in noch mehr Branchen aufzubrechen. Die hohen Bewertungen spiegeln diese Erwartungshaltung wider. Die klassischen Industriekonzerne stecken dagegen mitten im Umbruch und werden mit ganz neuen Konkurrenten konfrontiert.Entsprechend ist IT am stärksten vertreten. 24 Unternehmen, und damit eins mehr als Ende 2018, stammen aus der Informationstechnologie. Die Konsumgüterbranche stellt 20 Emittenten, der Finanzsektor 19. Nordamerika ist derzeit Sitz von 58 der Top 100. In Europa sind unverändert 21 beheimatet, Asien-Pazifik ist Hauptsitz von 20 Konzernen. Von Asien überholt Während die Top-100-Unternehmen in Nordamerika derzeit auf eine Gesamtmarktkapitalisierung von 14,2 Bill. Dollar kommen, beträgt der Wert der asiatischen Unternehmen in diesem Ranking knapp 4 Bill. Dollar. Dabei hat ihre kumulierte Bewertung die der europäischen Großkonzerne längst überholt: Letztere sind lediglich 3,3 Bill. Dollar schwer. Als teuerstes europäisches Unternehmen platziert sich der schweizerische Lebensmittelkonzern Nestlé mit einem Marktwert von 29 Mrd. Dollar auf Rang 14. Der britische Ölmulti Shell ist die Nummer 20, der Schweizer Pharmakonzern Roche steht an 24. Stelle und der Luxusgüterhersteller LVMH aus Paris an 35. vor Novartis aus der Schweiz.”Die Digitalisierung bestimmt zunehmend die Entwicklung der Konzerne und ihrer Aktienkurse”, beobachtet Barth. “Bisher ist es insbesondere den US-amerikanischen Internetriesen gelungen, aus dem Digitalisierungstrend Kapital zu schlagen und funktionierende Ökosysteme zu schaffen. Die Kunden und Investoren honorieren das. Vor allem in Europa sind viele Konzerne aber noch auf der Suche nach einem überzeugenden Zukunftsmodell.”Von der Weltkonjunktur gingen derzeit wenige Impulse aus, was vor allem exportorientierte Unternehmen aus Deutschland zu spüren bekämen. “In einigen Bereichen liegen bereits jetzt Unternehmen aus den USA und China nahezu uneinholbar vorne”, sagt der Berater. Gelinge es, deutschen Erfindergeist mit den digitalen Möglichkeiten zu verbinden, “können auch künftig Unternehmen aus Deutschland in vielen Branchen ganz vorne mitmischen”. Gerade im B2B-Geschäft seien die Chancen dafür groß, meint Barth.