Amtsgericht verwirft Berliner Mietspiegel
hek Frankfurt
In einem Rechtsstreit um eine Mieterhöhung hat das Amtsgericht Spandau den Berliner Mietspiegel 2021 für ungültig erklärt. Das Urteil gilt zwar nur für den konkreten Fall, doch sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, hätte das weitreichende Folgen für Mieter und Vermieter in der Hauptstadt. „Berlin hat damit erstmals seit 1987 keinen gültigen Mietspiegel mehr“, heißt es in einer Mitteilung von Steffen Sebastian, Professor am IREBS Institut für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg und Vorsitzender der Mietspiegelkommission der gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung.
Mit dem Mietspiegel ermittelt eine Stadt die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Datenerhebung dient als Begründungsmittel für Mieterhöhungen und legt die Grenze fest, bis zu der Anhebungen zulässig sind. Sie sorgt damit für ein gewisses Maß an Rechtssicherheit. Mit der Einführung der Mietpreisbremse, die in vielen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt, hat der Mietspiegel nochmals an Bedeutung gewonnen. Denn er bezieht sich nicht mehr nur auf bestehende Mietverträge, sondern greift auch in Neuverträge ein. Gemäß Mietpreisbremse darf bei der Wiedervermietung die Miete höchstens um 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Diese Deckelung gilt für Bestandswohnungen, nicht für Neubauten.
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen bezeichnet das Urteil als Einzelfallentscheidung. Andere Gerichte wie das Amtsgericht Neukölln und das Amtsgericht Lichtenberg hätten den Berliner Mietspiegel für anwendbar gehalten. Damit bleibt abzuwarten, wie höhere Instanzen entscheiden.
Nach geltender Rechtslage darf ein Mietspiegel ein Mal fortgeschrieben werden. Nach vier Jahren muss ein neuer erstellt werden. Bei dem Mietspiegel 2021, den der Berliner Senat im vergangenen Mai veröffentlicht hat, handelt es sich aber um die zweite Fortschreibung des Mietspiegels 2017. Auch eine Einstufung als sogenannter einfacher Mietspiegel verwirft das Amtsgericht. Denn die Daten wurden aus einem Vierjahreszeitraum berechnet. Vorgeschrieben ist aber inzwischen eine Zeitspanne von sechs Jahren (AZ 6 C 395/21).
Sebastian hebt hervor, dass auch frühere Berliner Mietspiegel Mängel aufgewiesen hätten: „In den letzten 20 Jahren wurden in fast jedem Berliner Mietspiegel gravierende statistische Fehler festgestellt“, moniert der Kritiker. Kein anderer qualifizierter Mietspiegel sei vor Gericht so häufig zum einfachen Mietspiegel degradiert worden wie der Berliner.
Wertberichtigt Seite 6