Analysten bewerten Vantage Towers mit 13,5 Mrd. Euro
hei Frankfurt
Vantage Towers, die sich anschickt, als dritte Tower-Gesellschaft in Europa an die Börse zu gehen, kann aus Sicht von Experten, besonders mit ihrer herausgehobenen Stellung im deutschen Markt punkten. Die Analysten der nicht zum Umfeld der Konsortialbanken zählenden Redburn Capital billigen der Funkturmsparte von Vodafone eine Bewertung von 13 bis 14 Mrd. Euro zu, allerdings vor einem üblichen IPO-Discount. Sie liegen damit etwas unterhalb dessen, was der britische Mobilfunkriese in der Spitze für seine im vergangenen Jahr ausgegründeten Tower-Assets ansetzt.
Dazu geht Redburn auf organischer Basis mittelfristig bis zum Geschäftsjahr 2025 (per 31.3.) von einer um 3% wachsenden Zahl von Funktürmen aus, wobei das Plus bei den Mietverträgen mit 4,3% darüber hinaus gehen sollte. Das resultierende Umsatzwachstum sollte jährlich im Schnitt bei 5% liegen, so dass die Erlöse bis 2025 auf 1,16 Mrd. von 945 Mill. Euro 2020 anschwellen dürften. Dabei sei nach 2022 eine höhere Dynamik zu erwarten, glauben die Experten. Das für die Betrachtung von Tower-Gesellschaften entscheidende operative Ergebnis vor Abschreibungen und nach Leasingkosten (Ebitda AL) soll etwas schneller vorankommen, um jährlich im Mittel 6% ebenso wie der Recurring Free Cash-flow. Das Ebitda AL dürfte dann 2025 auf 657 Mill. Euro ansteigen.
Die organischen Wachstumsperspektiven von Vantage Towers stützen sich dabei primär auf die starke Position im deutschen Markt, für den Redburn ein Umsatzplus von durchschnittlich 7% pro Jahr unterstellt. Denn abgesehen von der zunehmenden Nachfrage nach Mobilfunkstandorten bei allen Netzbetreibern, die durch die notwendige Standortverdichtung für den 5G-Mobilfunk-Standard sowie durch die Coverage von Lücken getrieben wird, kommt hierzulande noch ein neuer Netzbetreiber hinaus. Die Telekommunikationssparte von United Internet, 1&1 Drillisch, die als Neueinsteiger eine 5G-Lizenz erworben hat, dürfte bei der Jahresbilanz 2020 am 25. März Näheres zu ihren Ausbauplänen bekannt geben. Das Unternehmen hat zwar kürzlich ein National-Roaming-Abkommen mit dem Netzpartner Telefónica Deutschland unter Dach und Fach gebracht, jedoch gehen Beobachter davon aus, dass 1&1 Drillisch, die über eine Millionen Kunden mitbringt, mit allen Tower-Betreibern verhandeln wird, um sich jeweils den besten Preis und den bestmöglichen Standort zu sichern. Dabei ist Vantage Towers als dann unabhängige Nummer 2 im hiesigen Markt gut positioniert. Gemäß den Vergabeauflagen durch die Bundesnetzagentur muss 1&1 Drillisch bis Ende 2022 immerhin 1000 Standorte aufbieten.
Die starke Stellung im deutschen Markt zeichnet Vantage Towers gegenüber den börsennotierten europäischen Wettbewerbern Cellnex und Inwit aus. Cellnex kann demgegenüber herausstellen, dass sie als einzige Gesellschaft mehrere Großaktionäre hat und nicht von einem Telekommunikationskonzern abhängig ist. Bei Vantage könnte es zu Zielkonflikten kommen, wenn ein Vertrag mit einem neuen Mieter für Vodafone nachteilig erscheint. Der Mutterkonzern will zunächst die Dreiviertelmehrheit behalten.
Zudem erscheint Cellnex aufgrund ihres breiten und umfassenden Portfolios in zahlreichen europäischen Ländern weniger anfällig gegen mögliche Konsolidierungsbestrebungen in der Telekommunikationsbranche, die in jüngster Zeit wieder stärker in den Fokus rücken. So haben sowohl Telekom-Lenker Tim Höttges als auch Orange-CEO Stéphane Richard Zusammenschlüsse gefordert, um Skaleneffekte zu erzielen und mehr finanzielle Spielräume zu schaffen.
Vantage Towers hat immerhin den Vorteil, dass Vodafone bereits in vielen Ländern Network-Sharing-Vereinbarungen geschlossen hat, so dass in diesen Märkten die Auswirkungen von Zusammenschlüssen begrenzt werden. Das gilt namentlich für Deutschland, Spanien, Italien und Großbritannien, also einen großen Teil des Footprints von Vantage.
Um den Auswirkungen einer Konsolidierung auf Netzbetreiberseite entgegenzutreten, sind alle Tower-Gesellschaften auf Zukäufe aus. Vantage hat noch Spielraum bei der Verschuldung, die derzeit dem vierfachen Ebitda AL entspricht. Inwit kommt hier auf Basis 2021 auf einen Faktor 6,6, Cellnex auf 3,6.