Andritz verdient mehr und holt weniger Aufträge

Anlagenbauer geht Schuler-Übernahme aus Position der Stärke an - Dieses Jahr 6 Mrd. Euro Umsatz in Sicht

Andritz verdient mehr und holt weniger Aufträge

wb Frankfurt – “Das sieht schrecklich aus, ist es aber nicht”, kommentiert Wolfgang Leitner, Vorstandschef der Andritz den Einbruch im Auftragseingang des Grazer Anlagenbauers um 40 % im zweiten Quartal. Der Umsatz der Gruppe, die dabei ist, den schwäbischen Werkzeugmaschinenbauer Schuler zu übernehmen, zog hingegen in den drei Monaten 15 % auf 1,25 Mrd. Euro an. Beides erklärt sich aus zwei Großaufträgen über 1,1 Mrd. Euro in den Sparten Zellstoff und Metals, die der Konzern im Vorjahr erhalten hatte und die nun bearbeitet werden. “Ohne diese beiden Aufträge liegen wir praktisch gleich”, sagt Leitner. Das Orderpolster ging leicht auf 6,93 Mrd. Euro zurück. Die Botschaft wurde von Investoren offenbar nicht so verstanden, wie es der CEO gerne gehabt hätte. Denn die Aktie des Highflyers der Wiener Börse gab um knapp 4 % ab, womit die Marktkapitalisierung auf 4,55 Mrd. Euro zurückging. “Gut gefüllt”Die knapp 600 Mill. Euro schwere Schuler-Akquisition gehen die Österreicher aus der Position der Stärke an: eine Eigenkapitalquote von 20,3 %, liquide Mittel von 1,6 Mrd. Euro und eine Nettofinanzposition von 1,2 Mrd. Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen kletterte um 7 % auf 76 Mill. Euro und das operative Ergebnis (Ebitda) um 11 % auf 98 Mill. Euro. Mit der Übernahme des Großpressenherstellers – die Genehmigung der Wettbewerbshüter steht noch aus – rückt für Andritz im Umsatz 2012 die Marke von 6 Mrd. Euro in Sicht. Leitner erwartet eine Erlös- und Belegschaftssteigerung um je ein Fünftel. Über 63,5 % in Göppingen verfügen die Österreicher bereits. Die Investition bezeichnet Leitner als großen Schluck aus der Pulle, aber es handle sich nicht um eine transformierende Akquisition. “Und die Flasche ist noch gut gefüllt”, spielt er laut Berichten aus Wien auf die liquiden Mittel an. Für die Steigerung des Schuler-Anteils um 25 % über die bereits der Familie abgekauften 38,5 % hinaus flossen 150 Mill. Euro. Die Angebotsfrist für die 20 Euro je Schuler-Aktie läuft am 13. August ab. Order mit FragezeichenFür 2012 erwartet Leitner trotz steigender Unsicherheit über die Entwicklung in den Hauptabnehmerindustrien sowie in China und Südamerika in der Mehrzahl der Märkte noch eine “ausreichende Projektaktivität”. Alles in allem gebe es in den Zielbranchen keinen Abschwung, Der CEO rechnet mit höherem Umsatz und Ergebnis ohne dies zu beziffern. Über einigen Großaufträge schwebten allerdings Fragezeichen.Größte Tätigkeitsgebiete sind Zellstoff & Papier und Wasserkraft, wo sich Andritz 2006 für 190 Mill. Euro mit dem Kauf der VA Tech von Siemens verstärkt hatte. Bei Zellstoffanlagen ist das Minus im Bestelleingang mit 63 % im Quartal auf nurmehr 452 Mill. Euro gewaltig. Auch der Auftragsbestand lag Ende Juni mit 2,1 Mrd. Euro um 21 % niedriger als zur Vorjahreszeit, während der Umsatz infolge der Buchung nach Projektfortschritt um 43 % auf 600 Mill. Euro zulegte. Das Ebitda stieg um ein Drittel auf 43 Mill. Euro. In der Wasserkraft traten die neuen Bestellungen im Quartal mit 516 Mill. Euro praktisch auf der Stelle. Der Umsatz gab mit 404 Mill. Euro aber um 8 % nach. Das Marktumfeld sei solide, es werde weiterhin viel in Lateinamerika und Asien gebaut. Das operative Ergebnis gab in der Sparte um 5 % auf 37 Mill. Euro nach.