Anlagenbauer Exyte startet Börsengang
Exyte auf Börsenkurs: Der Stuttgarter Spezialanlagenbauer Exyte, geführt vom früheren Linde-Chef Wolfgang Büchele, peilt ein milliardenschweres IPO an. Vorgesehen ist binnen vier Wochen die Platzierung von bis zu 30 %, ist zu hören. Der österreichische Milliardär Georg Stumpf macht Kasse, Exyte fließt kein Euro zu.Von Walther Becker, Frankfurt Der Stuttgarter Spezialanlagenbauer Exyte macht mit seinen Börsenplänen Ernst. Der Carve-out aus der M+W Group, frühere Meissner + Wurst, strebt einen Erlös in Milliardenhöhe an, der allein dem bisherigen Gesellschafter, dem österreichischen Milliardär Georg Stumpf, zufließen soll. Dem üblichen Prozedere zufolge dürfte in zwei Wochen die Preisspanne bekannt gegeben werden und dann in vier Wochen die Erstnotiz sein.Die Emission könnte ein Milliardenvolumen einbringen. In Finanzkreisen ist von einem angestrebten Börsenwert von 2,5 Mrd. bis 3 Mrd. Euro die Rede. Stumpf will 25 bis 30 % des Kapitals umplatzieren lassen. Die federführenden Investmentbanken sind Bank of America Merrill Lynch und UBS; in der zweiten Reihe sind Commerzbank und Crédit Agricole mandatiert. Exyte wird seit März 2017 von dem früheren Linde-CEO Wolfgang Büchele geführt.Stumpf war 2009 unter turbulenten Umständen in M+W Group eingestiegen. Exyte ist jetzt ein Carve-out von M+W, an der zudem nicht mehr als Kerngeschäft klassifizierte Aktivitäten wie thermische Großanlagen, Rüstung oder Aufdachsolaranalgen hängen. Exyte nennt sich Experte für “kontrollierte und regulierte Fertigungsumgebungen”. Mit Abstand größte Sparte sind Reinraumanlagen für die Halbleiterindustrie mit 64 %; diese Sparte ist auch mit Abstand am profitabelsten. An zweiter Stelle steht das eher kleinteilige Geschäft für Kunden in Life Science und Chemie mit 15 % sowie die Errichtung von Datenzentren mit 6 %. Mit letzterer Einheit will Büchele vor allem das Ohr am Markt großer Tech-Konzerne in Kalifornien haben, um zu erfahren, welche Pläne sie für Chips verfolgen. Vor WachstumssprungDas Unternehmen aus Stuttgart mit Wurzeln im Jahr 1912 steht vor einem Wachstumssprung. Der Umsatz der Gruppe mit 4 800 Beschäftigten soll dieses Jahr auf über 3,5 (i.V. 2,4) Mrd. Euro wachsen; in den ersten sechs Monaten waren es schon 1,7 Mrd. Euro. Der Auftragseingang summierte sich von Januar bis Juni auf 3 Mrd. Euro, was etwa 12 bis 18 Monate Umsatz bedeute. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) soll 2018 auf mehr als 160 (108) Mill. Euro steigen, nach sechs Monaten waren es 82 Mill. Und es ist nicht übermäßig ambitioniert, dass Büchele die Ebit-Marge über 5 % hieven will. “Wir sind ideal positioniert, um Investoren ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum und attraktive Renditen zu bieten”, sagt er. Zur angepeilten Höhe des angepeilten Streubesitzes äußert er sich nicht, doch geht es nach Angaben aus Finanzkreisen darum, 20 bis 30 % zu platzieren. Finanzkreisen zufolge will Exyte 25 bis 30 % des Gewinns ausschütten.”Wir sind Marktführer im Halbleitergeschäft und wollen es bleiben.” Der Marktanteil liege bei 25 bis 30 % in der Chipbranche, und das Unternehmen sei seit 2009 im Schnitt um 15 % gewachsen. Dabei übernimmt Exyte “keine Verantwortung für den Herstellprozess in den Halbleiterfabriken, denn der Kunde definiert die Maschinen und Bearbeitungssequenzen”, betont er. Im Vergleich zum üblichen Anlagenbau arbeite Exyte “nahezu ohne Risiko”. Man garantiere für die mechanische Integrität der Anlagen, aber nicht für deren gesamte Performance.Exyte ist global und besonders stark in Asien tätig mit Ausnahme von Südkorea, wo Samsung mit Engineering präsent ist. In Japan arbeitet Exte mit einem dortigen Partner. “Im Halbleitergeschäft hat Exyte rund 15 Kunden, die drei größten darunter sorgen für mindestens 1 Mrd. Euro Umsatz im Jahr.” Im Markt werden Micron, Intel, ASML, Globalfoundries, aber auch Infineon genannt. “Die Rangfolge wechselt, aber es sind immer die gleichen Spieler.” Etwa 70 bis 75 % der Aufträge liegen dabei unter 100 Mill. Euro, wobei es maßgeblich um die Erweiterung bestehender Anlagen gehe. “Nicht zyklisch””Unser Halbleitergeschäft ist nicht zyklisch, es hängt ausschließlich von der Volumenentwicklung im Markt ab, nicht von den Preisveränderungen”, entgegnet er der möglichen Skepsis von Investoren. “Gerade der Speicherchip-Bedarf wächst extrem.” Insbesondere China hat große Pläne und enorm in diesem Segment investieren. Große Halbleiterfabriken kosten ohne weiteres 10 Mrd. Dollar, berichtet Büchele. “Unser Anteil daran liegt bei 18 bis 20 %.” Zeit sei noch wichtiger als die Kosten für die Kunden. “Wir sind von Anfang an in die Pläne eingeweiht.” Es dauere 18 bis 24 Monate von der ersten Bohrung bis zu dem Punkt, an dem erste Waiver vom Band liefen. Alle 24 bis 36 Monate gebe es Nachrüstungen. “Wir sind insofern jeweils mit Dutzenden Ingenieuren stets vor Ort.” Exyte hält sich eine “deutsche Ingenieurtradition von mehr als 100 Jahren” und eine “tiefgreifende Expertise in kontrollierten und regulierter Umgebungen” zugute.”Wir brauchen kein Geld aus dem Börsengang, denn Exyte ist auch dank der erhaltenen Anzahlungen cashpositiv und kann aus eigener Kraft wachsen.” Wenn es um ergänzende M&A-Aktivitäten gehe, “dann wollen wir zusätzliche Technologie und Expertise einkaufen”. Das Unternehmen profitiere vom wachsenden Bedarf an Halbleitern etwa für Rechencenter, Internet-Medien und autonomes Fahren. Ein wichtiger Wachstumstreiber sei das Thema Big Data. Die Menge an Daten steigt immer weiter, und damit wachse auch der Bedarf für Halbleiter. Exyte ist weltweit führend in der Planung, Entwicklung und Konstruktion von Hightech-Fabriken und Anlagen, hat tiefgreifende Expertise im Bereich kontrollierter und regulierter Umgebungen entwickelt und gilt als Pionier auf dem Gebiet der Reinraumtechnik. Das Leistungsspektrum reicht von Beratung über Design bis zur Realisierung schlüsselfertiger Lösungen für Halbleiterindustrie, Pharma und für Datenzentren. Der gesamte relevante Markt soll nach Exyte-Berechnungen 2022 eine Größe von über 111,5 Mrd. Euro erreichen, was einem durchschnittlichen Wachstum von 6 % p. a. entspreche.