Apple ist kein Einzelfall
fed Frankfurt – In der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission sind unlautere Beihilfen wegen privilegierter Steuerbehandlung einzelner Unternehmen längst kein Spezialthema mehr. Denn in den vergangenen Jahren hat die EU-Behörde unter EU-Kommissarin Margrethe Vestager eine Serie von Verfahren eröffnet. Sie richten sich jeweils gegen das Land, das selektiv einzelnen Unternehmen Vorteile gewährt. Am Ende dieser Verfahren kann zwar keine Geldbuße stehen, wohl aber die Aufforderung zur Nachzahlung.Das erste Verfahren, das abgeschlossen wurde, betraf im vergangenen Herbst die steuerliche Behandlung der Kaffeehauskette Starbucks und der Finanzierungstochter des Autobauers Fiat im Großherzogtum Luxemburg. Starbucks wurde aufgefordert, 20 Mill. bis 30 Mill. Euro an den niederländischen Staat an Körperschaftsteuer nachzuzahlen. Die Finanzierungstochter von Fiat wiederum wurde angehalten, einen Betrag in ähnlicher Höhe an den luxemburgischen Fiskus zu überweisen. Vestager räumte seinerzeit ein, dass die Summen “nicht spektakulär” seien. Allerdings lägen sie um ein Vielfaches über der tatsächlich gezahlten Steuerlast von jeweils weniger als 1 Mill. Euro. Trotzdem wurde die Bedeutung dieser ersten Entscheidung schon seinerzeit von Juristen als hoch eingeschätzt. Schließlich habe Brüssel damit Prinzipien fixiert, die es erlauben würden, in nachfolgenden Fällen wesentlich höhere Nachzahlungen anzuordnen. Die Rechtsanwälte dürften sich durch die aktuelle Entscheidung im Fall Irland/Apple bestätigt sehen.Luxemburg war – ebenso wie bei Fiat Finance – auch in zwei weiteren Fällen Ort der Handlung. So beanstandeten die EU-Beamten, dass das Großherzogtum den US-Konzern Amazon steuerlich viel zu großzügig behandelt hat. Zentraler Punkt der Beanstandungen war, dass Amazon erlaubt wurde, große Beträge an eine konzerneigene Gesellschaft zu verlagern, die keiner Besteuerung in Luxemburg unterliegt – eine so genannte “société en commandite simple”. Zunächst flossen nämlich operative Gewinne der deutschen, britischen und französischen Landesgesellschaften von Amazon nach Luxemburg an die europäische Hauptverwaltung – das war aus EU-Sicht unbedenklich. Obwohl sie weitreichende Aufgaben ausübte (Management, strategische Steuerung, Betrieb der Webseite), begnügte sich diese steuerpflichtige Einheit jedoch mit einem kleinen Anteil an den Konzerneinnahmen in Europa. Alle anderen Betriebsgewinne hingegen wurden an die – vom Luxemburger Fiskus ignorierte – Schwester weitergeleitet. Das wiederum werteten die EU-Wettbewerbshüter als höchst problematisch. Mit McDonald’s geriet schließlich noch ein weiterer US-Konzern wegen seiner Steuergestaltung ins Brüsseler Visier. Das Verfahren dauert an.Doch nicht nur amerikanische Unternehmen haben Ärger mit der EU-Kommission wegen ihrer Steuerpraktiken. So erklärte die EU-Kommission im Januar 2016 in Belgien eine Steuerregelung für unzulässig, von der insbesondere Konzerne aus Europa jahrelang profitiert haben.Mindestens 35 international tätige Unternehmen stehen im Verdacht, von unlauteren Steuervorteilen von insgesamt 700 Mill. Euro profitiert zu haben. Mit von der Partie waren unter anderem der schwedische Industriekonzern Atlas Copco, die britische Ölgesellschaft BP, der belgische Brauereiriese AB Inbev, die belgische Telefongesellschaft Belgacom und der Chemiekonzern BASF.