Apple macht in China bei Fahrdiensten mobil
Mit dem Einstieg bei Chinas Marktführer für Taxi-Apps und Fahrdienste, Didi Chuxing, geht Apple neue Wege im Reich der Mitte. Der für Apple-Verhältnisse geringe Einsatz von 1 Mrd. Dollar schafft neue Kooperationsmöglichkeiten abseits des zuletzt schleppenden Hardware-Geschäfts in China und gönnt Didi gleichzeitig einen Stromstoß im Konkurrenzkampf mit Uber.Von Norbert Hellmann, SchanghaiApple sorgt mit einem 1 Mrd. Dollar schweren strategischen Investment bei Chinas führendem Fahrdienstvermittler Didi Chuxing für eine handfeste Überraschung. Die im chinesischen Markt bereits eine dominierende Stellung bei App-gestützten Taxivermittlungs- und Chauffeurdiensten genießende Didi dürfte mit der Rückendeckung durch den US-Technologieriesen in eine wesentlich gestärkte Position im Wettbewerb mit dem globalen Branchenführer Uber Technologies gebracht werden. Didi in der Start-up-OberligaDidi Chuxing hatte eine laufende neue Finanzierungsrunde auf ursprünglich etwa 2 Mrd. Dollar ausgelegt und dürfte mit dem Beitritt von Apple zu ihrem illustren Investorenkreis, dem unter anderen auch die führenden chinesischen Internetkonzerne Alibaba und Tencent angehören, nun auf über 3 Mrd. Dollar an frisch eingesammeltem Kapital kommen. Marktteilnehmer veranschlagen die noch bis vor kurzem unter dem Namen Didi Kuaidi angetretene Gesellschaft nunmehr auf einen Wert von etwa 26 Mrd. Dollar.Damit rückt Didi, sowohl was die Kapitalaufnahme als auch den geschätzten Firmenwert angeht, in den Kreis der weltgrößten Start-up-Unternehmen auf (siehe Grafik). Die Liste wird aber noch immer von Uber mit rund 63 Mrd. Dollar angeführt. Didi kommt nach eigenen Angaben in der Heimat auf einen Marktanteil bei privaten Fahrdiensten von 87 % und beim reinen Taxiruf gar auf 99 %. Bei einer Präsenz in über 400 chinesischen Städten mit 14 Millionen registrierten Fahrern und rund 300 Millionen Nutzern fallen täglich 11 Millionen Fahrten an. Internationale AmbitionenIn den vergangenen Monaten hatte Didi vielversprechende Anstrengungen unternommen, ihre Internetplattform für Transportdienste über den chinesischen Markt hinaus nutzbar zu machen. Dabei ist man Kooperationen mit Ubers größtem Konkurrenten im US-Markt, Lyft, sowie den in asiatischen Ländern tätigen und ebenfalls rasch expandierenden Start-ups Ola (Indien) und Grab Taxi (Singapur) eingegangen. Die Zusammenarbeit soll eine gegenseitige Erschließung von Fahrdienstmärkten durch Roaming-Funktionen und eine Integration der jeweiligen Apps ermöglichen, so dass chinesische Didi-Kunden bei Auslandsreisen ihre gewohnte Plattform auch für Lyft-Dienste nutzen können und umgekehrt. Bei Uber dürfte man die internationale Aufrüstung von Didi und nun insbesondere den für Schlagzeilen sorgenden Einstieg von Apple im feindlichen Lager mit einigem Unbehagen verfolgen. Apple und Didi betonen nämlich, dass sie das neue Investment als einen Anknüpfungspunkt für weiter gehende Kooperationsmöglichkeiten im chinesischen Markt sehen. Dabei könnten auch Gemeinschaftsinitiativen mit Chinas IT-Größen Alibaba und Tencent im Raum stehen.Aus Sicht von Uber kann dies nur heißen, dass der bereits sündhaft teure Versuch, sich im chinesischen Fahrdienstmarkt als ein wichtiger Player zu etablieren, vor weiteren Komplikationen steht beziehungsweise die “Cashburn Rate” weiter anheizen wird. Für Uber, die es als Erfinder der App-gestützten Fahrdienste und “Firstcomer” auf anderen Märkten gewöhnt ist, eine Art natürliche Führungsrolle innezuhaben, erweist sich der chinesische Markt als besonders harte Nuss, die einen gesonderten Auftritt und im Vergleich zu anderen Ländern hohe Subventionen für Fahrer erfordert. Milliardenverlust für UberSo hat Uber versucht, sich mit einer separaten Identität und einer eigenen, bislang rund 1,5 Mrd. Dollar schweren Finanzierungsrunde in China zu profilieren, und dabei heimische Investoren an Bord geholt, allen voran den Internetkonzern und führenden Suchmaschinenbetreiber im Reich der Mitte, Baidu.Ubers Geschäftsmodell mit der Vermittlung von privaten Fahrern im eigenen Pkw weist gewisse Gefahren auf, weil es zum einen stets am Rande der Legalität steht und zum anderen sich bislang wesentlich darauf stützte, Uber-Fahrer mit hohen Prämien zu sich zu locken. Uber-Chef Travis Kalanick hatte kürzlich eingeräumt, dass die China-Aktivitäten bislang jährliche Verluste von über 1 Mrd. Dollar gebracht haben.Für Apple kommt das neue Investment bei Didi angesichts von Reserven für strategische Engagements und Akquisitionen in Höhe von über 230 Mrd. Dollar aus der Portokasse, nicht aus der Kriegskasse. Doch könnte der Einstieg eine weit darüber hinausgehende strategische Bedeutung erhalten und den Aufbruch zu neuen Ufern jenseits des Verkaufs von Hardware-Geräten und daran gekoppelte App-Shops signalisieren.Die von Apple-Konzernchef Tim Cook in einem Interview mit der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua bekannt gegebene Transaktion bedeutet in jedem Fall für den zuletzt im chinesischen Smartphone-Geschäft unter Druck geratenen Computer- und Handybauer eine willkommene Ablenkung und regt Fantasie über neue Geschäftsmöglichkeiten in China an. Nur noch Nummer 5 in ChinaZuletzt verzeichnete Apple im ersten Quartal für ihr Absatzgebiet Großchina, das auch Hongkong und Taiwan mit einschließt, einen enttäuschenden Rückgang der Erlöse um 26 %. Auf dem chinesischen Festland lag Apple mit 11,4 Millionen verkauften Smartphones und rund 11 % Marktanteil im ersten Quartal nur noch an fünfter Stelle hinter heimischen Anbietern wie Huawei und Xiaomi sowie den steil aufgestiegenen Branchenneulingen Oppo und Vivo. Cook zeigte sich bei der Erläuterung des Deals nicht nur davon überzeugt, dass sich das Investment schon aus rein finanzieller Sicht lohnen wird, sondern sprach auch von der Chance, etwas über neue Marktsegmente in China zu lernen.