Apple übt sich in Schadensbegrenzung
Auch am Tag nach dem Urteil der EU-Kommission, Apple müsse wegen unrechtmäßiger Steuervergünstigungen 13 Mrd. Euro nachzahlen, ist der iPhone-Anbieter um Schadensbegrenzung bemüht. Unter dem Strich soll sich das nicht auswirken, wird den Aktionären versichert. Doch größer als der monetäre Verlust könnte Apples Imageschaden sein.Von Sebastian Schmid, New YorkWer von Apple angesichts der von der EU-Kommission geforderten saftigen Steuernachzahlung über 13 Mrd. Euro Demut erwartet hatte, hat die Rechnung ohne den iPhone-Anbieter gemacht. Der US-Konzern sieht nach der Entscheidung keinen Bedarf, schon Rückstellungen zu bilden. Das Urteil sei längst nicht final. Man werde es anfechten und sei zuversichtlich, damit Erfolg zu haben, teilte Apple mit. Nicht einmal der Ausweis der Barreserve werde davon beeinflusst.Dies gelte auch für die Steuerquote des Konzerns. Damit will Apple wohl an der bisherigen Steuerpraxis festhalten. Zudem bestreitet der US-Konzern, dass so wenig gezahlt wurde, wie die EU-Kommission behauptet. Diese hatte für 2014 eine Gewinnbesteuerung von 0,005 % in Irland errechnet. Apple behauptet, in dem Jahr 400 Mill. Dollar Steuern gezahlt zu haben. Allerdings rechnet der iPhone-Anbieter hier wohl alle in Irland gezahlten Steuern zusammen, während sich die EU nur auf gewinnbezogene bezieht.Im Grundsatz dreht sich der Streit indes darum, wo multinationale Konzerne ihre Steuern zahlen. Und hier widerspricht sich die Argumentation von Apple-Chef Tim Cook in Teilen selbst. Der Konzernchef behauptet, Apple respektiere das fundamentale Prinzip, dass Gewinne dort versteuert werden, wo der Wert geschaffen werde. Bei vielen Technologiefirmen werden die Werte dann offenbar wie durch glückliche Fügung in Niedrigsteuerstaaten geschaffen. Jedenfalls hat der Auftragsfertiger Hon Hai Precision Industry (Foxconn) laut Bloomberg im vergangenen Jahr fast 30 % seines Umsatzes in Irland abgerechnet. Hinter den USA und Irland folgt das Steuerparadies Singapur als dritterlösstärkste Region für Hong Hai. Diese zählt neben Apple auch HP, Dell, Lenovo, Microsoft und viele andere Technologiekonzerne zu ihren Abnehmern.Sowohl in den USA als auch in Europa laufen Diskussionen darüber, was gegen die zunehmende Steuerflucht getan werden kann. Allerdings zeigt die Reaktion der US-Politik, dass ein gemeinsames Vorgehen kaum möglich sein dürfte. “Einer Firma nach Jahren eine riesige Steuerrechnung zu präsentieren, sendet die falsche Botschaft an die Joberschaffer dies- und jenseits des Atlantiks”, echauffierte sich Paul Ryan, Republikaner und Sprecher des Repräsentantenhauses. Der demokratische Senator Chuck Schumer bezichtigte die EU derweil, sich Geld unter den Nagel zu reißen, das eigentlich dem US-Fiskus zustehe. Dieser würde selbst gerne gegen die Steuerflucht vorgehen, bekommt aber immer wieder Steine in den Weg gelegt. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hat in den vergangenen Jahren Anordnungen erlassen, die inverse Übernahmen mit einer Steuersitzverlegung in ein Niedrigsteuerland unattraktiv gemacht haben. Die US-Handelskammer hat die Regierung deswegen verklagt.Apples größtes Problem dürfte indes kaum die Steuerzahlung sein. Die Nachricht über die von der EU befundene Steuerflucht kommt zur Unzeit. Nächste Woche soll die neue Generation des iPhones vorgestellt werden. Apple, die zuletzt sinkende Absatzzahlen beim wichtigsten Produkt des Konzerns verzeichnet hatte, dürfte gehofft haben, die zuletzt kritischen Stimmen mit einem erfolgreichen Verkaufsstart vorerst zur Raison zu bringen. Das EU-Urteil und der mögliche Publicity-Schaden gefährden das aus Sicht von Analysten ohnehin schon schwierige Unterfangen weiter.