BRÜSSEL GREIFT IM STEUERSTREIT DURCH

Apple will rekordhohe Strafe nicht akzeptieren

Tim Cook warnt Brüssel: Der größte Schaden entsteht in der europäischen Wirtschaft - US-Finanzministerium stellt sich auf die Seite des Konzerns

Apple will rekordhohe Strafe nicht akzeptieren

Von Sebastian Schmid, New YorkDas Urteil der EU-Kommission, der US-Technologiekonzern Apple müsse inklusive Zinsen rund 14,5 Mrd. Dollar Steuern für die Jahre 2003 bis 2014 nachzahlen, hat bei dem iPhone-Anbieter Unverständnis ausgelöst. “Die EU Kommission bemüht sich, Apples Geschichte in Europa neu zu schreiben, Irlands Steuergesetze zu ignorieren und zugleich das internationale Steuerrecht auf den Kopf zu stellen”, beschwerte sich CEO Tim Cook in einer mehrseitigen Replik auf die rekordhohe Strafe. Das US-Finanzministerium hatte bereits an den Tagen vor der Urteilsverkündung vor einer harten Strafe gegen Apple gewarnt, weil dies die “wichtige ökonomische Partnerschaft der USA und Europas gefährde. “Wir glauben, dass rückwirkende Steuerfestsetzungen von der Kommission unfair sind, gegen etablierte Rechtsnormen verstoßen und die Steuergesetze einiger Mitgliedstaaten in Frage stellen”, erklärte das Finanzministerium am Dienstag.”Der tiefgreifendste und schädlichste Effekt dieses Urteils wird sich bei Investitionen und Stellenaufbau in Europa zeigen”, erklärte Cook. Der Chef des US-Konzerns, der von 2003 bis 2014 nur zwischen 0,005 % und 1 % Steuern auf seine europäischen Gewinne gezahlt haben soll, verwies auf 1,5 Millionen Jobs in Europa, die dank Apple entstanden seien. Auf diese hohe Zahl kommt Cook, weil er praktisch alle Anbieter von Applikationen oder Zubehör für Apples Geräte und deren Mitarbeiter in die Kalkulation mit einbezieht. Apple selbst beschäftigt derzeit rund 6 000 seiner weltweit knapp 70 000 Angestellten in Irland. Für Europa beziffert der US-Konzern seine Stellenzahl auf 22 000.Sowohl Apple als auch Irland, das den plötzlichen Geldsegen selbst gar nicht angestrebt hatte, wollen gegen das Urteil klagen. Eine endgültige Entscheidung könne noch Jahre auf sich warten lassen, erklärten Juristen am Dienstag. Leisten kann sich der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino die Strafzahlung problemlos. Zur Jahresmitte kam Apple auf eine Liquiditätsreserve von 232 Mrd. Dollar. Davon lagen 214 Mrd. Dollar außerhalb der Vereinigten Staaten.In seiner Antwort auf das Urteil verwies Apple-Chef Cook darauf, dass es ein fundamentales Prinzip der Unternehmensbesteuerung sei, dass die Gewinne dort versteuert würden, wo der Wert geschaffen werde. Für Apple sei dies Kalifornien und daher versteuere Apple das Gros der Gewinne in den USA.Allerdings passt diese Argumentation nicht zu der seit Jahren in den USA laufenden Diskussion über die steuergünstige Rückführung im Ausland erzielter Gewinne. Apple hat, wie zahlreiche andere US-Technologiefirmen, Milliardengewinne in internationalen Niedrigsteuersitzen wie etwa Irland auflaufen lassen und diese eben nicht in die Vereinigten Staaten zurücküberführt. So können Apple und andere US-Konzerne dem Fiskus in der Heimat ausweichen. Effektiv zahlt Apple auf große Teile der europäischen Gewinne weder in den USA noch in Irland nennenswert Steuern. “Komplett erfundene Zahl”Die tatsächliche Höhe der Nachzahlung ist noch ungewiss. Die EU-Kommission hat lediglich eine Schätzung abgegeben und fordert andere europäische Länder auf, die Information der Kommission durchzugehen und so ihren Steueranteil zu errechnen. Für Apple-Finanzchef Luca Maestri entbehrt schon die Anschuldigung illegaler Finanzhilfen jeder Grundlage. Es habe keine “Sondervereinbarung” mit Irland gegeben. Die Höhe der geforderten Nachzahlung bezeichnete der seit 2014 amtierende Apple-Finanzchef Maestri als “komplett erfundene Zahl”. Steueranreize sind den EU-Mitgliedsländern zwar nicht verboten, allerdings dürfen sich diese nicht diskriminierend nur an einzelne Unternehmen richten. Der Schnellrestaurantkette McDonald’s soll angeblich eine solche Vorzugsbehandlung in Luxemburg zuteilgeworden sein. Auch hier ermittelt die EU-Kommission.Die Apple-Anleger reagierten auf die rekordhohe Strafe unaufgeregter als auf die jüngsten Zwischenberichte des US-Unternehmens. Am frühen Nachmittag notierten die Titel mit 105,81 Dollar an der Technologiebörse Nasdaq um 0,9 % schwächer. Der US-Leitindex S & P 500 tendierte ebenfalls negativ.