Areva meldet Rekordverlust

Marktteilnehmer erwarten Kapitalerhöhung - Regierung lotet Optionen aus

Areva meldet Rekordverlust

wü Paris – Für den französischen Atomkonzern Areva schlägt die Stunde der Wahrheit. Nachdem letzte Woche Gerüchte über drohende Milliardenverluste die Runde machten, warnte die weltweite Nummer 1 der Branche, dass sich der Verlust im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen auf 4,9 Mrd. Euro belaufen dürfte. Ein Jahr zuvor hatte Areva bereits einen Nettoverlust von 494 Mill. Euro ausgewiesen.Grund für den Rekordverlust sind Wertminderungen und neue Rückstellungen für den Reaktorbau. So verbuchte der Konzern, dessen Kapital der französische Staat direkt und indirekt zu 87 % kontrolliert, weitere Verzögerungen beim Bau des ersten Europäischen Druckwasserreaktors EPR in Olkiluoto in Finnland. Zusätzlich dazu haben sich die Baukosten des Forschungsreaktors Jules Horowitz in Cadarache in Südfrankreich mindestens verdoppelt.Im vergangenen Jahr dürfte Areva nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen zudem auch im operativen Geschäft einen Verlust von rund 1,3 Mrd. Euro gemacht haben. Der Konzern, der wie die gesamte Branche unter den Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima leidet, schreibt damit im vierten Jahr in Folge rote Zahlen. Er hatte bereits 2011 einen Nettoverlust von mehr als 2 Mrd. Euro ausgewiesen, nachdem der Anfang Dezember verstorbene Konzernchef Luc Oursel Wertminderungen und Rückstellungen vorgenommen hatte, als er Ende 2011 von Ex-Chefin Anne Lauvergeon das Ruder übernahm.Der nun erwartete Verlust übertrifft jedoch bei Weitem die Erwartungen, da Analysten laut Thomson Reuters im Schnitt mit einem Nettoverlust von 1,43 Mrd. Euro gerechnet hatten. Er übersteigt zudem die Börsenkapitalisierung des Konzerns, der im letzten Jahr auf einen Umsatz von 8,34 Mrd. Euro kam und Ende Juni eine Verschuldung von 4,7 Mrd. Euro auswies. Zuletzt war Areva an der Börse 3,6 Mrd. Euro wert. Die endgültigen Ergebnisse für 2014 wollen der neue Generaldirektor Philippe Knoche und Verwaltungsratschef Philippe Varin am 4. März verkünden, genau wie einen neuen Strategieplan.Marktteilnehmer erwarten, dass Areva schon bald das Kapital erhöhen muss. Die sozialistische Regierung denkt über eine Finanzspritze sowie die Möglichkeiten für einen finanziellen sowie industriellen Zusammenschluss Arevas mit dem Stromversorger und Atomkraftbetreiber Electricité de France (EDF) und der Atombehörde Commissariat à l’Énergie Atomique (CEA) nach. “Alle Optionen werden geprüft”, antwortete Energieministerin Ségolène Royal auf die Frage nach einer möglichen Kapitalspritze für Areva. FusionsgerüchteDie französische Regierung hat sowohl an der Spitze von EDF als auch an der von Areva und des CEA seit Ende letzten Jahres neue Chefs ernannt. Dies hatte bereits Spekulationen ausgelöst, dass eine engere Zusammenarbeit der drei staatlich kontrollierten Energiespezialisten angestrebt werden könnte. Frankreichs Energiebranche müsse neu organisiert werden, sagte Royal jetzt.Die Areva-Aktie gab gestern um 2,1 % auf 9,37 Euro nach. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate hat der Titel mehr als 55 % an Wert verloren.