Geschmacks- und Duftstoffe

Aromatisches Hauptmenü

Die niederländische DSM hat wie kaum ein anderes Chemieunternehmen in den vergangenen Jahrzehnten das Portfolio umgebaut. Krönender Abschluss ist der Zusammenschluss mit Firmenich zu einem neuen Marktführer.

Aromatisches Hauptmenü

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Dass der niederländische Feinchemiekonzern DSM im Jahr 1902 als staatlicher Steinkohlebetrieb ge­gründet wurde, ist heute nicht mehr zu erkennen. Wie kaum ein Unternehmen der Branche hat die Gesellschaft über die Jahrzehnte eine Metamorphose vollzogen. Nachdem in den frühen 1970er Jahren die letzte Kohlemine geschlossen wurde, ging der Wandel voran.

Die 1,5 Mrd. Dollar schwere Übernahme von Gist-Brocades im Herbst 1998 markierte den Wendepunkt in der Entwicklung von DSM vom Chemie- zum Life-Science-Konzern. Das Petrochemiegeschäft veräußerten die Niederländer vier Jahre später nach Saudi-Arabien an Sabic. Ein Jahr danach hievte sich die Gesellschaft mit dem Kauf des Vitamin- und Feinchemiegeschäfts von Roche in neue Dimensionen. Rund die Hälfte des Umsatzes erzielte DSM danach in der Nahrungsmittelsparte Nutrition. Um sich von  Konjunkturzyklen unabhängiger zu machen, wurde das Geschäft mit Nahrungsmittel- und Futterzusatzstoffen sukzessive über zahlreiche weitere Akquisitionen ausgebaut. Biomaterialien spielten eine immer größere Rolle in der strategischen Weiterentwicklung, DSM kehrte den wissenschaftlichen Anspruch zur Lösung globaler Themen wie Ernährung und Gesundheit immer stärker hervor. Heute stellt der Konzern die Zukunftsthemen Health, Nutrition und Bioscience strategisch in den Vordergrund.

Der Weg, um verbliebene zyklische Aktivitäten abzustoßen, war nicht immer geradlinig und wie im Fall des Faservorprodukts Caprolactam mit Abschreibungen verbunden. Aktivisten schalteten sich ein und forderten die Aufspaltung von DSM. Stramme Kostensenkungen standen fortan auf der Agenda. Im neuen Kerngeschäft der Vitaminprodukte machte die Konkurrenz aus China zu schaffen. Später konnte die Gruppe hier wiederum zeitweise von Lieferengpässen bei Wettbewerbern profitieren. Der finanzielle Spielraum für Zukäufe blieb erhalten.

DSM verleibte sich 2020 für 765 Mill. Euro den Zuckerspezialisten Glycom ein und schluckte Monate später für 1 Mrd. Euro die österreichische Erber, um das Geschäft mit Tiergesundheit und Ernährung anzudicken. Im selben Jahr fand DSM mit Covestro einen Käufer für das Coatinggeschäft, der 1,6 Mrd. Euro auf den Tisch legte. Das Fasergeschäft ging eineinhalb Jahre später für 1,3 Mrd. Euro an den US-Wettbewerber Avient. Die Kunststoffsparte hat nun nach einem Bieterverfahren Lanxess gemeinsam mit dem Finanzinvestor Advent erworben, woraus DSM 3,5 Mrd. Euro zufließen werden.

Der vorläufige Abschluss des Umbaus soll nun in einem aromatischen Hauptmenü über den Zusammenschluss mit einer anderen Industrie-Ikone gelingen, dem Merger of Equals mit dem Schweizer Traditionskonzern Firmenich. Der eidgenössische Anbieter von Duftstoffen und Aromen blickt auf eine noch längere Geschichte bis 1895 zurück.

IFF auf den Fersen

Gemeinsam können DSM und Firmenich in einem breiten Portfolio von Duftstoffen über Aromen bis zu Nahrungsmittelzusatzstoffen führend in den Wettbewerb gehen. Vorbild ist der US-Rivale IFF, der sich ein ähnliches Sortiment über den Zusammenschluss mit dem Nutrition-Geschäft von DuPont zusammenstellte – und sich bislang für das breiteste Portfolio rühmte.

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