Asset-Price-Hyperinflation
Anthony Martial: Schon mal gehört? Falls nicht, Sie sind in guter Gesellschaft: Manchester-United-Stürmer Wayne Rooney kannte den Namen bis Sonntag auch nicht. “Wer ist Martial?”, soll er einen Teamkollegen gefragt haben. Wir stellen vor: Martial, Fußballer, 19 Jahre jung, 2013 für 5 Mill. Euro aus dem Nachwuchs von Olympique Lyon zu AS Monaco gewechselt. Auf “transfermarkt.de” stand der Teenager, der für Monaco in 70 Spielen ganze 15 Mal mit dem Runden ins Eckige traf, am späten Dienstagnachmittag mit einem zuletzt im Juni aktualisierten Marktwert von 8 Mill. Euro zu Buche. Am Abend wurde dann bestätigt, der Spieler wechsele für 50 Mill. Euro, inklusive möglicher Bonuszahlungen angeblich bis zu 80 Mill. Euro, zu “Man United”. Rooney wird also Gelegenheit haben, Martial persönlich kennenzulernen. Die Gesamtsumme könnte sogar den teuersten Transfer der Bundesliga-Geschichte toppen: den eben vollzogenen Wechsel von Kevin De Bruyne vom VfL Wolfsburg zu Manchester City für eine kolportierte Ablösesumme von mindestens 75 Mill. Euro (und ein Jahresgehalt von 20 Mill. Euro).Der Fußball hat, getrieben nicht zuletzt von den Abermilliarden an TV-Geldern, die vor allem an die britische Premier League gezahlt werden, zweifellos das Stadium der Dekadenz erreicht. An der Aktienbörse mag zurzeit ein wenig heiße chinesische Luft aus den Kursen entweichen. An der Spielerbörse hingegen kennen die Notierungen nur eine Richtung: steil nach oben. Es herrscht Asset-Price-Hyperinflation. Da findet selbst ein bei den Bayern ausgemusterter Kicker wie der Brasilianer Dante, der 2014 im WM-Halbfinale gegen Deutschland (1 : 7) sein Waterloo erlebte, als er nicht einen Zweikampf gewann, noch für 4,5 Mill. Euro einen neuen Verein. War das nun ein Schnäppchen für Wolfsburg? “Jeder durchschnittliche Spieler” koste ja heute 20 oder 30 Mill. Euro, beklagt Eintracht-Frankfurt-Trainer Armin Veh. Und kassiert, so muss man hinzufügen, pro Jahr siebenstellige Sümmchen, die das Publikum keinem Vorstandsvorsitzenden durchgehen lassen würde. Was ein De Bruyne darf, darf ein Martin Winterkorn noch lange nicht.Wer zahlt dafür? Erstens der Kunde Zuschauer, dem mit “Sky Bundesliga” schon jetzt eine zunehmend nervende, eher selten von Fußball unterbrochene Dauerwerbesendung präsentiert wird. Zweitens die Sponsoren, die nicht zuletzt am Finanzplatz immer öfter gesucht und bisher auch gefunden werden. Aber wie lange noch? Der grassierende Wechselwahnsinn wird dazu führen, dass die zweitschönste Nebensache der Welt eher früher als später vor die Hunde geht.