Aston Martin im Rückwärtsgang
Von Walther Becker, FrankfurtTopbanker von Deutscher Bank, Goldman Sachs und J.P. Morgan waren aufgeboten, als Aston Martin im vergangenen Oktober an die Londoner Börse ging. Doch es ging trotz prominenter Hilfe, zu der auch Bank of America, Credit Suisse, HSBC und Unicredit sowie als Berater Lazard zählten, schon zur Emission viel schief. Mittlerweile schreibt der Hersteller der legendären Schlitten von Filmgeheimdienstagent James Bond (“007”) sogar rote Zahlen. Gerade erst wurde die Prognose kassiert.Die Aktie hat zum IPO-Preis von 1 900 Pence etwa drei Viertel verloren. Die Absatzprognose ist äußerst mau. Und Moody’s hat das Rating mit “B3” noch tiefer in Ramschstatus gedrückt. Moniert werden der negative freie Cash-flow und eine hohe Verschuldung.Die Altgesellschafter um die italienische Investindustrial , die beim IPO ihre Schäfchen ins Trockene gebracht hatten, wollen in dieser Situation mit hohem Abschlag zum Emissionspreis aufstocken – was Spekulationen über ein Going Private nicht lange nach dem Going Public befördert hat. Investindustrial hatte Aston Martin mit kuwaitischer Beteiligung an die Börse gebracht. Investiert worden waren seit 2012 etwa 430 Mill. Pfund.Skeptiker hatten schon im Herbst vor allem die ehrgeizigen Wachstumspläne der Kultmarke kritisch gesehen. Aston Martin wollte jedes Jahr ein neues Modell auf den Markt bringen und die Produktion deutlich steigern. 2019 sollten bis zu 7 300 Fahrzeuge gebaut werden, mittelfristig sollte sich die Zahl verdoppeln. Um das möglich zu machen, braucht das 1913 gegründete Unternehmen jeden Penny aus dem laufenden Geschäft, für Dividenden oder Schuldenabbau bleibt nichts übrig. Hoch verschuldetEine Kapitalerhöhung zur Sanierung dürfte bei dem gesunkenen Aktienkurs ausscheiden. Eine höhere Verschuldung über die jetzt gemeldeten 732 Mill. Pfund hinaus ist bei dem stark gestiegenen Leverage vom 4,7-Fachen des operativen Ergebnisses (Ebitda der vorigen zwölf Monate) bei dem Junk-Status eine Höllenfahrt. Doch CEO Andy Paul ist kein Draufgänger wie James Bond.Aston Martin Lagonda Global Holding, wie sie vollständig heißt, ist wegen niedrigerer Preise für die Luxussportwagen und wegen höherer Ausgaben tief in die roten Zahlen gerutscht. In den ersten sechs Monaten fielen vor Steuern “Miese” von 79 Mill. Pfund an, wie der kleinere Rivale der VW-Tochter Porsche mitteilt. Vor Jahresfrist hatte Aston Martin wenigstens noch 21 Mill. Pfund verdient. Der Umsatz fiel um 4 % auf 407 Mill. Pfund. Beim IPO, mit dem ein Börsenwert von mehr als 5 Mrd. Pfund angestrebt worden war, musste mit angezogener Handbremse gefahren werden, es wurde dann am unteren Ende der Preisspanne platziert, und schon am ersten Handelstag kam der Kurs ins Schleudern, es setzte Verluste. Gestern nun nahezu die Vollbremsung: Der Kurs brach um zeitweise mehr als 20 % ein und schloss mit minus 13 % bei 502 Pence, der Börsenwert schnurrte auf knapp 1,3 Mrd. Pfund.Zum Emissionspreis lag die Marktkapitalisierung bei 4,3 Mrd. Pfund. Die Gesellschafter zielten auf eine ambitionierte Bewertung ähnlich der, die Fiat Chrysler für Ferrari erreicht hatte. Die Italiener wurden drei Jahre zuvor zu 52 Dollar am oberen Ende der Spanne platziert, mit 10 Mrd. Dollar bewertet und zogen am ersten Tag um 15 % an. Inzwischen bringt es Ferrari mit 160 Dollar je Aktie auf 31 Mrd. Dollar.Zum Börsengang von Aston Martin wurde gejubelt, dass es damit in London während der Brexit-Diskussion erstmals seit Jahrzehnten wieder einen börsennotierten britischen Autobauer gebe. Andere Luxushersteller wurden schon vor Jahren ins Ausland verkauft: Bentley ging an VW, Rolls-Royce an BMW, Jaguar Land Rover an die indische Tata.Jetzt dürften die Fragen – gerade auch an die hochkarätigen Banker – lauter werden, ob denn Aston Martin tatsächlich börsenreif war.