Atemholen am Schuldscheinmarkt

Über 4 Mrd. Euro im Startquartal aufgenommen - Spitzenreiter Rewe - Debütanten stehen für 30 Prozent

Atemholen am Schuldscheinmarkt

Auf Rekordjagd ist der Schuldscheinmarkt 2018 zwar nicht. Doch allein in den ersten drei Monaten haben Unternehmen über 4 Mrd. Euro aufgenommen. Allein der Einzelhändler Rewe steht dabei für 1 Mrd. Euro. Neulinge machen dem Volumen nach inzwischen etwa 30 % aus. Die Risikoaufschläge steigen. wb Frankfurt – Die Kreditnachfrage der Unternehmen trifft auch bei Schuldscheinen auf ein unverändert hohes Angebot heimischer wie internationaler Investoren. Dieses Finanzierungsinstrument hat zum Jahresanfang 2018 die Dynamik der Vorperioden beibehalten, auch wenn das gezeichnete Volumen leicht abgenommen hat. Nach Einschätzung der Experten von Capmarcon deuten die aktuell in Vorbereitung befindlichen Transaktionen darauf hin, dass Zahl und Volumina der realisierten Schuldscheindarlehen im weiteren Jahresverlauf eher wieder zunehmen. Damit dürfte das 2018 begebene Schuldscheinvolumen zwar nicht auf das Niveau der 2017 erreichten 27,4 Mrd. Euro kommen, sollte aber zwischen 22 Mrd. und 25 Mrd. Euro liegen, sagt Hans-Werner Grunow von Capmarcon voraus. Volumen von 120 Mrd. Euro Ein darüber hinausgehendes Volumen werde nur eingefahren, wenn bonitätsstarke Adressen beispielsweise zur Akquisitionsfinanzierung einen “Jumbo” unterbringen, also sich 1 Mrd. Euro und mehr pumpen. In jedem Fall werde das bei Investoren ausstehende Volumen an Schuldscheindarlehen bis Dezember wegen Tilgungen in Höhe von lediglich rund 9 Mrd. Euro auf deutlich über 120 Mrd. Euro klettern.Im Startquartal hat es mit dem Einzelhandelsriesen Rewe einen Jumbo gegeben: Die Kölner nahmen 1 Mrd. Euro auf und machten es damit Aldi und Schwarz-Gruppe (Lidl) nach. Zwar wurden erneut in den ersten drei Monaten laut Capmarcon 23 Transaktionen arrangiert, doch verringerten sich im Schnitt die Einzelvolumina, so dass in der Summe nur 4,2 Mrd. nach 5,3 Mrd. Euro im Vorjahr aufgenommen wurden. In der gleichen Zeit zahlten Kreditnehmer 1,79 Mrd. Euro an fälligen Schuldscheindarlehen zurück. In der Folge erhöhte sich der Gesamtbetrag ausstehender Schuldscheine auf 109,2 Mrd. Euro Ende März 2018. So setzte der Markt seine Konsolidierungsphase fort, die nach dem Rekordjahr 2016 mit 28,5 Mrd. Euro eingesetzt habe. Über die Hälfte der 23 Transaktionen entfiel auf Unternehmen, die den Schuldschein erstmalig in Anspruch nahmen. Die Beträge der Debütanten sind niedriger als bei wiederholten Schuldscheindarlehen, so dass das Darlehensvolumen von Neulingen 30 % des Gesamtumfangs ausmachte. Zwar seien die Finanziers, also in erster Linie Banken, Sparkassen, Versicherungen und kleinere Vermögensverwalter noch immer primär an attraktiven Aufschlägen auf das niedrige Marktzinsniveau interessiert, die sich vor allem mit längeren und langen Laufzeiten finden lassen (sieben Jahre und besonders zehn Jahre und mehr). Höheres ZinsniveauDoch bereiten sich die Akteure anscheinend auf ein längerfristig höheres Zinsniveau vor, beobachtet Grunow. Dies spiegele sich einerseits in steigenden Marktraten von bis zu 50 Basispunkten und andererseits in der Durchschnittslaufzeit wider, die zuletzt von 7 auf 6,6 Jahre gesunken sei. “Die Risikoaufschläge in der Verzinsung werden gegenüber dem Jahr 2017 steigen, merklich bei langen Kreditlaufzeiten von zehn Jahren und mehr”, sagt der Experte voraus. Die Leistungsfähigkeiten der Darlehensnehmer dürften dem aktuellen Trend folgend weiterhin ein Rating im Investment Grade oder der Bonität nahestehend haben, “so dass sich die Bonitäten am Schuldscheinmarkt eher verbessern denn verschlechtern sollten”. Und obwohl zahlreiche neue Kreditnehmer mit Jahresumsätzen von 1 Mrd. Euro den Schuldschein zur Finanzierung nutzen werden, bleibt das Instrument auch eine häufig genutzte Option von Konzernen. Vor zehn Jahren nutzten vor allem große Unternehmen und größere Mittelständler den Markt. Inzwischen wird die Kreditqualität am Markt durch viele kleine Firmen, aber auch durch einige größere stärker verschuldete Unternehmen in zyklischen Branchen verwässert. Zwei große Problemfälle belasten das Segment: Der britische Baukonzern Carillion meldete nur zwölf Monate nach Platzierung eines Schuldscheins über 112 Mill. Pfund Insolvenz an. Daneben betrifft auch der Skandal um den Möbelkonzern Steinhoff den Markt. Wenige mit RatingEin offizielles Rating von Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch oder Scope hat nur etwa jeder fünfte Emittent. Laut Capmacrcon hat sich die Bonität der Schuldscheine begebenden Unternehmen in den vergangenen zwei, drei Jahren kaum verändert und lag im volumengewichteten Durchschnitt mit “BBB-” am unteren Ende des Investment Grade. Daran änderten auch die Debütanten wenig, die überwiegend mit Ramschniveau kommen. Deren volumengewichtete Bonität erreichte im ersten Quartal “BB+”. Dies werde aber von der signifikant besseren Qualität der Wiederholungstäter kompensiert.