Audi hält Hintertür für Stadler offen

Vertriebsmanager Bram Schot übernimmt Vorstandsvorsitz "kommissarisch"

Audi hält Hintertür für Stadler offen

sck/ste München/Hamburg – Einen Tag nach der überraschenden Verhaftung von Rupert Stadler haben sich Volkswagen und Audi zu einer Erklärung über die Führung der Ingolstädter Konzerntochter durchgerungen. Der bisherige Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot werde mit sofortiger Wirkung den Vorstandsvorsitz “kommissarisch” übernehmen, teilte der BMW-Rivale nach einer Telefonkonferenz der Aufsichtsräte von Audi und Volkswagen mit. Damit bestätigten sich Berichte vom Montag, dass der 56 Jahre alte Niederländer bis auf Weiteres die Nachfolge von Stadler antreten werde (vgl. BZ vom 19. Juni). Der langjährige Audi-Chef sitzt seit Montagvormittag in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München beschuldigt ihn unter anderem des Betrugs in der Dieselmanipulationsaffäre und sieht Verdunkelungsgefahr. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch entschieden sich für Schot, da dieser in der Causa als unbelastet gilt. Der Vertriebsmanager trat erst Anfang September vergangenen Jahres in den Audi-Vorstand im Zuge einer umfangreicheren Neubesetzung des Führungsorgans mit VW-Leuten ein. Schot soll nun dazu beitragen, die Krise von Audi zu überwinden.Nach Unternehmensangaben entbanden beide Aufsichtsräte Stadler von seinen Aufgaben. Er selbst soll darum gebeten haben. “Die Entbindung wird vorübergehend bis zur Klärung des Sachverhalts, der zu seiner Verhaftung geführt hat, vorgenommen”, so VW und Audi im gleichen Wortlaut. Damit könnten sich die beiden Familienstämme eine Hintertür offenhalten, Stadler wieder einzusetzen, sollte er entlastet werden. Audi betonte, dass für ihn die “Unschuldsvermutung” gelte.Die Eigentümer hielten bis zuletzt an Stadler fest, obwohl der Druck auf ihn in den vergangenen Monaten weiter zunahm. Dem seit 2007 amtierenden Audi-Vorstandsvorsitzenden, dessen Vertrag bei der VW-Tochter in Ingolstadt im vergangenen Jahr um fünf Jahre bis Ende 2022 verlängert worden war und dessen Mandat im VW-Konzernvorstand bis Ende 2019 läuft, wird auch intern zu zögerliches Vorgehen bei der Aufklärung der Dieselabgasaffäre vorgeworfen. Nach einem Rückgang um 3,1 % am Montag gab die VW-Aktie gestern weiter um 2,4 % nach. Dabei sorgte auch die Furcht vor einem eskalierenden Handelsstreit der USA mit China und der EU für Unruhe. Am Abend sickerte durch, dass der VW-Aufsichtsrat grünes Licht gegeben habe, eine strategische Allianz mit dem US-Fahrzeugbauer Ford im Bereich leichte Nutzfahrzeuge auszuloten. Die mögliche Partnerschaft ziele, so ein Insider, auf Kostensynergien im Entwicklungs- und Produktionsbereich. Überkreuzbeteiligungen seien einer Absichtserklärung zufolge nicht vorgesehen. VW lehnte einen Kommentar ab.—– Leitartikel Seite 8- Bericht Seite 11- Personen Seite 16