Auf Du und Du mit der Maschine
Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Befürchtungen, dass Maschinen dank künstlicher Intelligenz (KI) uns Menschen eines nahen Tages in der Arbeitswelt ersetzen werden, sind verbreitet. Das Misstrauen bremse die Einführung von KI noch, die eine nach der anderen Branche durchdringen wird, wenn man Paul Daugherty, Chief Technology and Information Officer des Beratungsunternehmens Accenture, glauben will. Daugherty hat ein Buch zu Künstlicher Intelligenz und der Zukunft der Arbeit verfasst (“Human + Machine”), in dem er beschreibt, wie Mensch und Maschine künftig effizienter zusammenarbeiten können.Für Daugherty heißt es nicht Mensch oder Maschine, sondern Mensch und Maschine. Der kollaborative Aspekt sei entscheidend. Die KI könne Einblicke geben oder Aufgaben übernehmen, aber am Ende entscheide ein Mensch. “Harvard hat unlängst eine Studie zur Brustkrebserkennung vorgenommen. Algorithmen sind mittlerweile so gut, dass sie 92 % aller Fälle in der Früherkennung feststellen”, erzählt Daugherty. Das sei ziemlich gut, aber ein Facharzt sei mit 96 % noch besser. “Wenn der Arzt aber mit der KI zusammenarbeitet, werden 99,5 % der Fälle erkannt. Die Verbindung von Mensch und Maschine bringt bessere Resultate als jeder für sich genommen.”Entsprechend müsse die Politik und die Wirtschaft sich gleichermaßen bemühen, die Menschen zur besseren Zusammenarbeit mit Maschinen zu befähigen. Das erfordere in der Ausbildung weniger Auswendiglernen und neben Digitaltraining vor allem die lebenslange Schulung zu mehr Problemlösungskompetenz. Als Beispiel für KI-Nutzung an höchster Stelle eines Unternehmens darf im Buch von Daugherty und Co-Autor James Wilson, Managing Director bei Accenture Research, unter anderem Salesforce-Chef Mark Benioff Pate stehen. Dieser vertraut auf die Beratungskünste des hauseigenen KI-Products Einstein Forecasting – zumindest sagt er das. Die Plattform sei in der Lage, “ausgefeilte Modellierungen und Prognosen durchzuführen, so dass Benioff leichter zum Kern der Sache durchdringen kann”, heißt es in dem Buch. In internen Meetings säßen dem Salesforce-Chef zufolge stets auch Leute, “die einem sagen, was sie wollen, damit man glaubt, was sie einen glauben lassen wollen”, warnt er. Eine Anspielung darauf, dass er die Nutzung des eigenen Produkts preist, das er offenbar der Interaktion mit eigenen Mitarbeitern vorzieht? Benioff vertraue auf Einsteins Objektivität, weil sie helfe, interne Taktierereien zu minimieren. “Die Anleitung durch Einstein hat mich als CEO verändert”, sagt er. Ob zum Besseren bleibt offen. Zumindest Einstein würde wohl zustimmen.Denn überhaupt müsse das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine persönlicher werden, glaubt Daugherty. Die KI müsse als Mitarbeiter verstanden und auch so behandelt werden. Wer einmal einen Menschen wütend mit einem Sprachassistenten wie Alexa, Cortana oder Siri hat schimpfen hören, der weiß, dass der Weg dahin wohl nicht mehr allzu weit ist. Auf du und du mit Einstein ist übrigens nicht nur Benioff. Auch Accenture dürfte als enger Partner von Salesforce mit der smarten Software gut vertraut sein. Eine objektive KI wie Einstein hätte das wahrscheinlich gleich erzählt. Bei einem Menschen muss man laut Benioff indes immer bedenken, dass er nur sagt, was er einem sagen will. Ob schriftlich oder in einem Meeting.—–Accenture-CTO Paul Daugherty plädiert für eine enge Kooperation von Mensch und Maschine.—–