Auf tönernen Füßen
Der Online-Fahrdienstvermittler Uber erwägt laut Bloomberg den Kauf von Free Now, dem Fahrdienstleistungs-Joint-Venture von BMW und Daimler. Die deutschen Autobauer geben sich zwar, solange nichts offiziell ist, gewohnt schmallippig. Eine grundsätzliche Bereitschaft, den US-Konzern oder andere Partner mit starker Kundenbasis ins Boot zu holen, ist aber wohl vorhanden. Dabei würde man unter Umständen bereit sein, in die Minderheit zu gehen, wie aus Kreisen der Konzerne zu vernehmen war.Damit wackelt bereits das zweite von vier Beinen der Konzernstrategien CASE (Connected, Autonomous, Shared & Service und Electric – Daimler) beziehungsweise ACES (Autonomous, Connected, Electric und Services – BMW). Die Konzentration ihrer Entwicklungsanstrengungen auf diese Zukunftsfelder hatten sich die Autobauer vor wenigen Jahren auf die Fahnen geschrieben. Der Anspruch, jeweils allein den Fahrersitz einzunehmen, wurde angesichts der enormen Kosten schnell aufgegeben. Doch auch die zweitbeste Lösung ist angesichts eines Bergs an Herausforderungen wohl nicht mehr zu halten.So wurde der Schulterschluss beim autonomen Fahren zwischen BMW und Daimler gelöst, als sich die Stuttgarter im Juni dem in künstlicher Intelligenz (KI) mehr bewanderten US-Halbleiterproduzenten Nvidia an den Hals warfen. Nun scheint die Spätzle-Weißwurst-Kombination auch bei Mobilitätsdienstleistungen ihr Haltbarkeitsdatum zu erreichen. Zur Rettung soll ausgerechnet Uber eilen. Eigentlich hatten sich die deutschen Autobauer vorgenommen, die Zukunftsfelder gerade nicht den US-Technologiefirmen zu überlassen. Nun steht dieses Vorhaben auf tönernen Füßen.Für Uber ist der Zeitpunkt für einen Einstieg recht günstig. Mit Blick auf die Coronakrise gewinnen Fahrdienste gegenüber dem öffentlichen Nahverkehr an Perspektive. Die Geschäftsmodelle sind zwar noch lange nicht profitabel. Uber hat im ersten Halbjahr bei 5,8 Mrd. Dollar Umsatz 2,8 Mrd. Verlust geschrieben. Anders als BMW- und Daimler-Aktionäre dürften die Uber-Anleger aber eher bereit sein, dies über Jahre hinzunehmen.Es ist also nachvollziehbar, wenn sich die Autokonzerne bemühen, ihre Verlustbringer auszulagern. Dass der Zwang, manches Zukunftsfeld zu räumen, mit eine Folge der politisch getriebenen, kostspieligen Elektrifizierungsoffensive ist, sollte die Politik indes bedenken, wenn sie wie derzeit in einen Überbietungswettkampf eintritt, wer den Verbrenner denn als Erstes verbieten kann.