Auftragsflut für ABB
sck München – Der Industriekonzern ABB hat bei Anlegern mit einem Gewinnsprung und deutlich gestiegenen Neubestellungen gepunktet. Nach Vorlage der Quartalszahlen sprang die Aktie in der Spitze um 5,6 %. Das Papier des Siemens-Wettbewerbers beendete den Handel an der Zürcher Börse bei 22,82 sfr (+3,9 %). ABB wird damit am Markt mit 48,8 Mrd. sfr bewertet. Konzernchef Ulrich Spiesshofer wertete die guten Zahlen der Monate April bis Juni als Beleg dafür, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg sei: “Das Quartalsergebnis zeigt, dass unsere Transformation der vergangenen Jahre Früchte trägt.” Nach einem Schrumpfungsprozess befindet sich ABB wieder auf Expansionskurs – auch mit Hilfe von Zukäufen. Der vom US-Konkurrenten General Electric (GE) erworbene Bereich Industrial Solutions werde “mit Hochdruck” integriert, kündigte der CEO an. Dennoch dämpfte Spiesshofer zugleich die Erwartungen. Die Konzernspitze ist vorsichtig. Die “geopolitischen Unsicherheiten in verschiedenen Teilen der Welt” nähmen zu. ABB bekommt Gegenwind vom steigenden Ölpreis, der unter anderem von der wieder angespannten politischen Lage in Nahost beeinflusst ist. Zugleich sorgen Wechselkursschwankungen für mehr Volatilität in den Abschlüssen. So bilanziert ABB in Dollar. Infolge der Dollar-Erholung in den vergangenen Monaten profitierte der Konzern im zweiten Quartal von diesem Währungseffekt. Die Auftragseingänge wuchsen um 8 %, in Dollar sogar um schneidige 14 % auf 9,5 Mrd. Dem Zwischenbericht zufolge verzeichnete ABB in Europa den höchsten Zuwachs mit 22 % in Dollar (10 % in sfr). Die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone macht sich in den Neuaufträgen für den Konzern bemerkbar. Das signalisiert steigende Erlöse in den kommenden Berichtsperioden. Dämpfer für NetzprojekteDie Dynamik im Neugeschäft konnte ABB aber im zurückliegenden Quartal im Umsatz nicht wiederholen. Bei den Konzernerlösen zeigte ABB einen Zuwachs von nur 5 % auf 8,9 Mrd. Dollar. Damit schwächte sich auf diesem Feld die Dynamik gegenüber dem Jahresauftaktquartal (+10 %) ab. Die ABB-Führung beklagte, dass die Investitionen in größere Stromnetzprojekte “verhalten” seien. Das Geschäftsfeld Stromnetze verzeichnete daher einen Umsatzrückgang von 6 % auf 2,4 Mrd. Dollar, während die anderen Sparten zulegten. ABB wuchs in den Bereichen Industrieautomatisierung und Antriebe/Roboter zweistellig. Aufgrund des robusten Jahresstarts steigerte das Unternehmen nach sechs Monaten die Erlöse um 7 % auf 17,5 Mrd. Dollar. Einsparungen helfenDas relativ geringe Umsatzplus auf Konzernebene im zweiten Quartal war der einzige Punkt, bei dem ABB die Analystenerwartungen verfehlte. Ansonsten übertrafen Spiesshofer und seine Mannschaft die Marktschätzungen.Im Zeitraum April bis Juni steigerte der Konzern mit Sitz in Zürich das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebita) überproportional um 12 % auf 1,2 Mrd. Dollar. Nach sechs Monaten erzielte ABB einen Zuwachs in der gleichen Rate auf 2,2 Mrd. Dollar (vgl. Tabelle). Neben dem Umsatzplus trugen dazu auch Einsparungen in der Verwaltung bei. Die operative Marge kletterte im zweiten Quartal dadurch um 0,6 Prozentpunkte auf 13 %. Im Überschuss legte ABB sogar noch stärker zu. Die Gruppe verbuchte eine Steigerung des Nettogewinns von 30 % auf 681 Mill. Euro. ABB profitierte dabei von deutlich geringeren Zinsaufwendungen. Aufgrund des Ergebnisdämpfers im ersten Quartal stagnierte das Nachsteuerergebnis aber bei 1,25 Mrd. Dollar. Unterdessen konnte der Konzern im zweiten Quartal im operativen Cash-flow aufholen. Dank der guten Geschäfte in den Kernbereichen steigerte das Unternehmen den Mittelzufluss auf über 1 Mrd. (i.V. 0,5) Dollar – das ist mehr als eine Verdoppelung. Hier wirkte auch ein Basiseffekt: In den Monaten Januar bis März war der Cash-flow durch Bonuszahlungen an die Mitarbeiter belastet (vgl. BZ vom 20. April). Darauf wies die Konzernführung im Zwischenbericht hin. ABB wies seinerzeit einen operativen Cash-flow von -518 (509) Mill. Dollar aus. Im vergangenen Jahr zahlte der Konzern die Prämien für die Beschäftigten erst im zweiten Quartal aus.