Aus dem Takt gebracht
Von Sebastian Schmid, FrankfurtFitbit legt ihren Kunden auf der Konzernhomepage nahe, “den nächsten großen Schritt” zu machen. Dem Fitnessarmband-Anbieter selbst will dieser derweil einfach nicht gelingen. Die Hoffnungen, die in die im September mit viel Marketing-Trara vorgestellten Geräte “Charge 2” und “Flex 2” gesetzt wurden, sind offenbar bereits verpufft: Für das wichtige Weihnachtsquartal stellt das seit Juni 2015 börsennotierte US-Unternehmen nur noch 750 Mill. Dollar Umsatz in Aussicht. Analysten hatten sich im Schnitt auf fast 1 Mrd. Dollar eingestellt. Eine Reihe MisserfolgeDoch Fitbit steht nicht allein. Der Weltmarktführer für Trackingarmbänder fügt sich in eine ganze Reihe von Misserfolgen ein. Während sich Technologiefirmen und Uhrenhersteller wegen des erhofften Wachstumspotenzials in das Geschäft mit Smartwatches und Fitnesstrackern stürzen, fragen sich viele Kunden, wieso sie sich nach dem Smartphone, dem Tablet-Rechner und den zugehörigen Bluetooth-Kopfhörern ein weiteres, regelmäßig zu ladendes Gerät ans Handgelenk heften sollen. Knapp 11 % Wachstum pro Jahr traut Infinity Research dem globalen Markt für Smartbands und -watches bis 2020 zu – nicht gerade viel für ein Geschäft in den Kinderschuhen.Einen prominenten Abschied hat das Segment bereits im vergangenen Monat verzeichnet. Microsoft hat ihr Fitnessarmband “Band 2” heimlich, still und leise aus dem US-Online-Laden entfernt. Restbestände vertreiben die Elektronikhandelsketten Best Buy und Amazon. Eine dritte Version soll es laut Technologieblog “Zdnet.com” nicht mehr geben.Auch Apple muss mit der seit eineinhalb Jahren vertriebenen “Apple Watch” längst kleinere Brötchen backen. Das Unternehmen war mit der Ambition gestartet, den Luxusuhren-Markt aufzumischen. Rund 18 400 Euro inklusive Mehrwertsteuer musste auf den Tisch legen, wer hierzulande vom teuersten, goldenen Modell der “Editions”-Reihe der ersten Generation die Zeit ablesen wollte. Dabei bot dieses technologisch nicht mehr als die günstigste Variante, die bereits zu 349 Euro offeriert wurde. Die Nachfrage war mau – an beiden Enden der Preisskala. Auch wenn Apple nach Rolex laut Tim Cook derzeit nach Umsatz der zweitgrößte Uhrenanbieter ist, dürfte der eigene Anspruch höher liegen. Die sonst mit Eigenlob nicht gerade geizende PR-Abteilung von Apple hüllt sich jedenfalls zu Absatzzahlen und gar Umsatz der “Watch” weiterhin in Schweigen. Das gilt auch für CEO Tim Cook.Mit der zweiten Generation ist nicht nur der Einstiegspreis auf 269 Euro dramatisch gesenkt worden. Auch am oberen Ende ist weit früher Schluss. Maximal 1 499 Euro kostet die zweite Generation der “Watch Edition” in weißer Keramikausführung – nicht einmal ein Zehntel des vormaligen Spitzenpreises. Die von Chefdesigner Jony Ive im Vorjahr noch als “kompromisslos haltbar” angepriesene goldene Variation wurde bereits aus dem Programm genommen und hat ihren Wert wohl allenfalls bei Sammlern als ein Stück gescheiterte Technologiegeschichte gehalten. Obwohl die zweite Generation der Watch Mitte September, also in Apples viertem Geschäftsquartal in den Handel kam, schrumpfte der Umsatz der Sparte “Andere Produkte”, der die Watch zugeordnet ist, im Vergleich zur Vorjahresperiode um mehr als ein Fünftel.Die Fitbit-Aktie ist derweil nach der jüngsten Umsatzwarnung vergangene Woche prozentual zweistellig abgestürzt. Auch Apples Anleger warten vergeblich auf den erhofften Schub des “Wearables”-Geschäfts. Für Microsoft gilt das umso mehr. Smartwatch und Smartband sollten im “Internet der Dinge” Konsumenten den Takt vorgeben. Stattdessen werden die Technologiekonzerne, die darauf gesetzt haben, aus dem Takt gebracht. Die Zeit der Smartwatch scheint abgelaufen, bevor sie jemals richtig gekommen war. ——–Die Smartwatch soll für Konsumenten zentrale Bedeutung haben. Für Anbieter bedeutet sie bislang einen Fehlschlag.——-