AUTOINDUSTRIE

Ausgeträumt

Es hatte sich abgezeichnet, dass die Autoindustrie diesmal auf Granit beißen würde. Die Bundesregierung hat der Branche ihren Wunsch nach einer direkten Verkaufsförderung für klassische Verbrenner verwehrt. Eine Absage mit Ansage. Die überwiegende...

Ausgeträumt

Es hatte sich abgezeichnet, dass die Autoindustrie diesmal auf Granit beißen würde. Die Bundesregierung hat der Branche ihren Wunsch nach einer direkten Verkaufsförderung für klassische Verbrenner verwehrt. Eine Absage mit Ansage. Die überwiegende Mehrheit der Wähler war Umfragen zufolge dagegen, und Berlin hat sich dem gerne angeschlossen. Es wäre auch nicht zu vermitteln gewesen, angesichts der unzähligen härteren Corona-Schicksale in Touristik, Messewirtschaft oder kunstschaffenden Betrieben ausgerechnet der auf milliardenschweren Liquiditätspolstern sitzenden Automobilindustrie eine solche Sonderförderung zukommen zu lassen, die deren Status quo bewahren soll.Dennoch wurde in dem Paket einiges für die Hersteller geschnürt. So wird die Verdopplung der Kaufprämien für Elektrofahrzeuge und Plugin-Hybride deren Absatz hierzulande weiter antreiben. Schon im Mai hat sich die Zahl der Elektro-Neuzulassungen gegen den Trend gestemmt: Der Gesamtmarkt brach um die Hälfte ein, die Zulassungen reiner E-Autos stiegen um ein Fünftel, die der Plugin-Hybriden mit dem Faktor 2. Der Hinweis von Branchenbeobachtern, dass vor allem ausländische Anbieter profitieren dürften, steht zwar im Raum. Allerdings ist es nicht Schuld der Bundesregierung, dass Volkswagens ID.3 noch nicht zu haben ist, Daimlers EQC eventuell weniger gut ankommt als erhofft oder BMWs nächste E-Auto-Generation erst 2021 vom Band rollt.Das EU-weite Ziel einer durchschnittlichen Flottenemission von 95g CO2 /km ist den Herstellern seit Jahren bekannt. Auch wenn ihnen die Transformation schwerfällt, tut die Regierung einiges, damit die Autobauer die Herausforderung leichter meistern können. Meistern müssen sie sie aber letztlich selbst.Dabei hilft ihnen die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer dank ihres höherpreisigen Premiumangebots mehr als Volumenanbietern wie Ford. Zudem wird die Ankurbelung der Wirtschaft am Ende der entscheidende Faktor sein, wenn es gelingen soll, den Automarkt in Schwung zu bringen. Menschen, die Angst haben, in wenigen Monaten vielleicht arbeitslos zu sein, kaufen keine Neuwagen.Manche Stimme aus der Branche deutet derweil darauf hin, dass gehofft wurde, mit ausreichend Staatsförderung könne erst einmal alles bleiben, wie es ist. Diese Annahme war angesichts des Krisenausmaßes ein reiner Wunschtraum. Nun hat es sich ausgeträumt. An der Transformation der Branche führt kein Weg mehr vorbei. Zeit, von der Bremse zu gehen.