Börsenneuling

Auto1 will trotz Corona Gang höher schalten

Der Berliner Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 hat sich für das neue Jahr trotz anhaltender Pandemie viel vorgenommen. Vor allem mit dem Verkauf an Privatkunden will CEO Christian Bertermann mindestens einen Gang höher schalten. Der Ausblick liegt im Rahmen der Erwartungen. Die Aktie dreht gut 2% hoch.

Auto1 will trotz Corona Gang höher schalten

sp Berlin

Der Berliner Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1, der Anfang Februar ein milliardenschweres Debüt an der Frankfurter Börse gegeben hat, traut sich trotz der anhaltenden Corona-Pandemie im laufenden Jahr kräftiges Wachstum zu. Der Umsatz soll um mindestens 1Mrd. Euro auf 3,8 Mrd. bis 4,2Mrd. Euro klettern und würde in der Mitte der Spanne ziemlich genau den Konsens der Analysten treffen. Der Bruttogewinn wird in der Spanne von 360 Mill. bis 410 Mill. Euro erwartet, womit der Mittelstreifen ebenfalls genau beim Konsens von 385 Mill. Euro liegt. Das wären 100Mill. Euro mehr als im vergangenen Jahr. Auch die Prognose für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), das wegen der Investitionen in das Geschäft mit dem Verkauf von Autos an Privatkunden unter der Marke Autohero negativ erwartet wird, liegt in der Größenordnung der Konsensschätzung von –80 Mill. Euro. Im vergangenen Jahr lag das bereinigte operative Ergebnis bei –15 (i.V. –60) Mill. Euro. Die Aktie kletterte am Mittwoch um etwas mehr als 2% auf 51,32 Euro. Die Marktkapitalisierung liegt etwas unterhalb von 11Mrd. Euro. Der Ausgabepreis beim Börsengang Anfang Februar hatte bei 38 Euro gelegen. Der Erfolg des IPO hat mittlerweile auch dem Kölner Online-Händler MeinAuto Appetit gemacht, der auf Neuwagen spezialisiert ist und als Kandidat für einen Börsengang gehandelt wird.

Starkes Schlussquartal

Bei Auto1 geht es nach dem Börsengang darum, auch im Geschäft einen Gang höher zu schalten. Denn im vergangenen Jahr hat die Pandemie und hier vor allem der erste Lockdown im zweiten Quartal eine Delle hinterlassen. Insgesamt hat Auto1 noch 457000 Autos verkauft und damit knapp ein Viertel weniger als im Jahr zuvor. Der Umsatz musste ebenfalls um ein Fünftel zurückstecken. Unter dem Strich steht ein Nettoverlust von rund 143 Mill. Euro.

CEO und Mitgründer Christian Bertermann zieht aus dem Corona-Jahr dennoch viel Zuversicht. „Mit dem Jahresergebnis und insbesondere mit dem vierten Quartal sind wir sehr, sehr zufrieden“, betont er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das Geschäftsmodell habe sich in der Krise als robust erwiesen. Mit dem europaweiten Roll-out eines digitalisierten Prozesses für private Verkäufer von Gebrauchtwagen, die Auto1 in ihrem Kerngeschäft an Autohändler weiterverkauft, könne das Unternehmen voll vom Trend zur Digitalisierung profitieren.

„Das versetzt uns in die Lage, verbindliche Preise mit dem Kunden vereinbaren zu können, während er von zu Hause aus sein Auto verkaufen kann“, beschreibt Bertermann den „Sell from Home“-Prozess. Während einer Pandemie macht das den Verkauf nicht nur bequemer und das Geschäftsmodell profitabler. „Das hat auch dabei geholfen, die Behörden zu überzeugen, dass wir unser Geschäft offenhalten können.“ Der Auto1-Chef ist deshalb zuversichtlich, den Verkauf von Gebrauchtwagen an Autohändler trotz Pandemie 2021 wieder annähernd auf das Vorkrisenniveau steigern zu könne. Insgesamt will Auto1 im neuen Jahr 560000 bis 600000 Autos zu ihren Händlerpartnern rollen.

Noch höheres Tempo nimmt sich der Börsenneuling im relativ jungen Geschäft mit dem Verkauf an Privatkunden vor. „Dieses Geschäft entwickelt sich auf einem Hyper-Wachstumspfad“, versucht es Bertermann mit einem Hyperlativ. Im vergangenen Jahr hat sich der Absatz der Sparte von 6000 Wagen auf 10000 Autos erhöht. Im neuen Turnus soll das Geschäft mindestens verdreifacht werden. Der Zielkorridor liegt bei 32000 bis 38000 Wagen. Dafür investiert die Firma nicht nur in Infrastruktur, die für die Skalierung dieses Geschäfts in mittlerweile zehn Ländermärkten erforderlich ist. „Wir werden in den nächsten drei Jahren 200 Mill. Euro allein im Marke­ting für Autohero investieren“, sagt Bertermann.

Mit Blick auf die Profitabilität der beiden Segmente lässt sich der Firmenchef nicht so genau unter die Haube schauen. Nur so viel: „Authero ist ein starker Investment Case.“ Im Merchant-Segment ist der Brutto-Gewinn pro verkaufte Einheit im vergangenen Jahr stark gestiegen. Auf der Ebene des bereinigten Ebitda schaffte Auto1 im vergangenen Jahr trotz Pandemie zwei profitable Quartale und war im dritten Quartal bereits stark positiv. „Daran können sie sehen, dass das Kerngeschäft ein profitables Geschäft ist.“

Auto1 Group
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz2 8303 476
Bruttoergebnis286343
 Personalaufwand150229
 Operativer Aufwand–182218
Ebitda– 35– 92
Ebit– 65– 113
Nettoergebnis– 144– 121
Börsenwert10 650   
Börsen-Zeitung