Warnung vor Protektionismus

Deutsche Automobilindustrie befürchtet Schaden wegen China-Zöllen

Die deutsche Autoindustrie ist sich einig: Die zusätzlichen Zölle der EU auf Elektroautos aus China stehen im Gegensatz zu den Vorteilen eines fairen und freien Welthandels. Vorschläge für eine Lösung werden aber auch von China verlangt.

Deutsche Automobilindustrie befürchtet Schaden wegen China-Zöllen

Deutsche Automobilindustrie befürchtet Schaden wegen China-Zöllen

Verbände und Unternehmen sprechen sich gegen Protektionismus aus – Vorschläge für Lösung auch von China verlangt

jh/ste München/Hamburg

Die deutsche Autoindustrie ist sich einig – nicht erst seit der Entscheidung der EU-Kommission: Die zusätzlichen Zölle auf Elektroautos aus China stehen im Gegensatz zu den Vorteilen eines fairen und freien Welthandels. Zudem sei dieser Schritt nicht geeignet, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Branche zu stärken.

Die deutsche Autoindustrie reagiert mit mehr oder weniger deutlichen Worten ablehnend auf die zusätzlichen Zölle für den Import von Elektroautos aus China in die Europäische Union. Schon in den vergangenen Monaten hatten die Vorstandsvorsitzenden der hiesigen Autohersteller die Bedeutung und Vorzüge eines freien und fairen Welthandels hervorgehoben und sich gegen weitere Schritte des Protektionismus ausgesprochen.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) befürchtet, dass mit dem Beschluss in Brüssel das Risiko eines globalen Handelskonflikts wächst. Das hätte einen Schaden für alle Seiten zur Folge, heißt es in der Stellungnahme des VDA. Dieser „ist womöglich höher als der mögliche Nutzen für die europäische – und insbesondere die deutsche – Automobilindustrie“.

Appell auch an China

VDA-Präsidentin Hildegard Müller richtet ihren Appell für ein Bemühen um eine andere Lösung nicht nur an die EU-Kommission: „Es liegt auch an China, mit konstruktiven Vorschlägen auf Europa zuzugehen sowie wettbewerbsverzerrendes Verhalten konsequent und schnell zu stoppen.“ Das Angebot der Kommission für Gespräche sei positiv. Müller betont, für eine erfolgreiche Transformation zur Elektromobilität sei die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa die beste Voraussetzung. „Es braucht also eine aktive Industriestrategie, einschließlich einer aktiven Handelspolitik.“

Ähnlich wie der VDA äußerte sich am Mittwoch der europäische Herstellerverband Acea. Freier und fairer Handel seien ein wichtiger Teil des Puzzles der globalen Wettbewerbsfähigkeit. Sigrid de Vries, die Generaldirektorin des Acea, fordert darüber hinaus „eine solide Industriestrategie für die Elektromobilität“ in Europa. Die Politik müsse zum Beispiel den Zugang zu wichtigen Materialien und erschwinglicher Energie sicherstellen, einen schlüssigen Rechtsrahmen, eine ausreichende Infrastruktur für das Laden der Batterien und für das Betanken mit Wasserstoff.

Gespräche angemahnt

Volkswagen folgt in der Beurteilung der erhöhten Zölle den Argumenten des VDA. Der größte europäische Autohersteller ruft die EU-Kommission ebenfalls dazu auf, das zweite Halbjahr für Handelsgespräche mit China zu nutzen. Es müsse eine andere Regelung gefunden werden, die der Wettbewerbssituation der europäischen Autohersteller gerecht werde und den freien Handel nicht unnötig beschränke. Angesichts der derzeitigen Schwäche der Nachfrage nach Elektroautos, vor allem in Deutschland, sei der Zeitpunkt der Entscheidung ein besonderer Nachteil.

Gefahr einer Zollspirale

Volkswagen appelliert ebenfalls an die Politiker in Europa, ein „regulatorisches Umfeld“ zu schaffen, in dem die Automobilindustrie in der Transformation zur E-Mobilität und zur Klimaneutralität gestärkt wird. Gegenüber der chinesischen Konkurrenz zeigt sich der VW-Konzern selbstbewusst: „Wir werden uns in diesem Wettbewerb behaupten.“ Ein Sprecher sagte: "Wir haben Vertrauen in unsere Produkte und in unsere Innovationsfähigkeit.“

Klare Worte findet Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzende von BMW: „Diese Entscheidung für zusätzliche Importzölle ist der falsche Weg.“ Die EU-Kommission schade damit europäischen Unternehmen und europäischen Interessen. Protektionismus berge die Gefahr, eine Spirale in Gang zu setzen. Zipse warnt: „Zölle führen zu neuen Zöllen, zu Abschottung statt Miteinander.“ Importzölle und andere Instrumente des Protektionismus trügen nicht dazu bei, im Wettbewerb auf internationalen Märkten zu bestehen. BMW setze sich weiterhin für freien Handel ein.

„Freier Handel bringt Wachstum“

Ola Källenius, der Vorstandschef von Mercedes-Benz, hebt dies ebenfalls hervor: „Der faire und vor allem auch der freie Welthandel ist sehr wichtig, treibt Innovation, treibt Wachstum.“ Deutschland könne als Exportnation zunehmende Handelshindernisse nicht gebrauchen. Die vergangenen 30 Jahre hätten gezeigt: „Der Abbau von Restriktionen und der Ausbau des fairen und freien Handels hat zu Wirtschaftswachstum geführt.“ Nach Ansicht von Källenius wäre es falsch, jetzt in die andere Richtung zu gehen.

Ein Drittel des Absatzes

Eine von China angedrohte Vergeltung für die höheren Zölle hätte für die deutschen Autohersteller erhebliche Folgen. Mercedes-Benz setzte dort in den ersten drei Monaten dieses Jahres gut 36% seiner Pkw und Vans für private Käufe in China ab. Nicht alle Fahrzeuge werden dort auch produziert. Die Zölle auf Importe aus China in die EU hätten wohl kaum direkte Folgen für das Unternehmen: Mercedes-Benz stellt in China ausschließlich für den chinesischen Markt her.

Für Volkswagen und BMW hat China als Absatzregion eine ähnlich große Bedeutung wie für Mercedes-Benz: Volkswagen verkaufte dort im ersten Quartal dieses Jahres 34% der Pkw und leichten Nutzfahrzeuge in China, BMW 32% der Autos.

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