Autoindustrie in Deutschland scheut den Diesel-Abschied

VDA und VDIK erinnern an Bedeutung des Selbstzünders für die Klimaschutzziele - Mattes: Gehen bei Elektrifizierung in Vorleistung

Autoindustrie in Deutschland scheut den Diesel-Abschied

scd Frankfurt – In einem Punkt ziehen die deutschen Autobauer und ihre importierenden Wettbewerber an einem Strang: Der Diesel-Anteil müsse wieder steigen, wenn die Klimaschutzziele erreicht werden sollen, betonten sowohl Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), als auch Reinhard Zirpel, Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Dabei haben die Importeure zuletzt von ihrem traditionell niedrigen Diesel-Anteil stark profitiert. Ihr Marktanteil kletterte in Deutschland auf den Rekordstand von 39,0 (i.V. 38,2) %. Bei den rückläufigen Diesel-Neuzulassungen liegt ihr Anteil 2018 laut VDIK dagegen nur bei 28 %. Bei alternativen Antrieben, von denen hierzulande noch immer der Hybridantrieb ohne Plug-in dominiert (siehe Grafik), sieht der VDIK seine Mitglieder dagegen überdurchschnittlich repräsentiert.”Wir dürfen den Blick auf CO2 vor lauter Diskussionen über Stickstoffdioxid nicht verstellen”, sagte VDA-Präsident Mattes in Berlin. Auch wenn die Zukunft des Autos elektrisch sei, würden Verbrenner noch lange gebraucht. Im Markt für E-Fahrzeuge gehe die deutsche Autoindustrie “massiv in Vorleistung”, betonte Mattes. Binnen drei Jahren werde das Angebot an E-Modellen auf 100 verdreifacht, in alternative Antriebe, bei denen man Patentspitzenreiter sei, würden in dieser Zeitspanne zudem 40 Mrd. Euro investiert. Denn bereits der Vorschlag der EU-Kommission, die CO2-Emissionen bis 2030 um 30 % zu senken, sei ambitioniert. Darüber hinaus gehende Forderungen nach 35 % oder gar 40 % würden dagegen “den Bogen überspannen”. Um überhaupt nur die Vorstellungen der EU-Kommission erfüllen zu können, bedürfe es auch staatlicher Unterstützung durch entsprechende Rahmenbedingungen. Die Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung von Elektro-Firmenwagen werde ein wirksamer Hebel sein, um den Markthochlauf zu beschleunigen, glaubt der VDA-Präsident. Rückstand bei LadestationenWichtig sei nun aber vor allem, dass die Ladeinfrastruktur ausgebaut werde. Hier habe Deutschland gegenüber Ländern, die Elektromobilität schon länger fördern, noch einen enormen Rückstand. So teilten sich in Berlin derzeit etwa 4 500 Einwohner eine Ladestation, in Oslo seien es lediglich 450. Um diesen Rückstand schnell aufholen zu können, brauche es Anpassungen in Bauordnungs-, Miet- und Eigentumsrecht, empfahl Mattes. Während die dem VDA angehörenden Autohersteller über diverse Wege selbst auch in den Aufbau der Ladeinfrastruktur investieren, machen sich die Mitglieder des VDIK hier einen schlanken Fuß. “Ladeinfrastruktur ist eine staatliche Aufgabe”, betonte Präsident Zirpel in Frankfurt auf der Jahrespressekonferenz, dass die Mitglieder seines Verbands sich finanziell nicht beteiligen wollten. Auch Hardwarenachrüstungen für ältere Diesel lehnt der VDIK weiterhin ab. Schon als es um eine Beteiligung am Umweltfonds zur Verbesserung der Luftqualität in den deutschen Städten ging, hatten die Autoimporteure der Bundesregierung die kalte Schulter gezeigt (vgl. BZ vom 6.12.2017).Sowohl VDA als auch VDIK rechnen für das ablaufende Jahr hierzulande mit stagnierenden Neuzulassungen. Die VDA-Prognose rechnet mit 3,4 Millionen, der VDIK mit 3,42 Millionen Erstanmeldungen. Nachdem zur Jahresmitte noch ein kräftiges Plus zu Buche gestanden hat, sorgte der Rückstand bei den Zertifizierungen vieler Modelle nach dem neuen Prüfstandard WLTP im zweiten Halbjahr für einen deutlichen Zulassungsrückgang.