DIESEL-GIPFEL

Autokäufer wenden sich in Scharen vom Diesel ab

Exporte und Fertigung brechen ein - CO2-Ausstoß nimmt zu - Aufschwung bei Pkw-Verkäufen hält an

Autokäufer wenden sich in Scharen vom Diesel ab

ge Berlin – Der Aufschwung auf dem deutschen Pkw-Markt hielt auch im Juli an – wenn auch mit gebremster Geschwindigkeit. Nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wurden im Vormonat gut 283 000 Autos neu zugelassen, 1,5 % mehr als im Juli 2016. In den ersten sieben Monaten kamen dagegen noch 2,9 % neu auf die Straße. Angesichts der anhaltend guten Konjunktur, der rekordhohen Beschäftigung und der sehr günstigen Finanzierungsmöglichkeiten rechnet Peter Fuß, Partner bei EY, trotz der zuletzt abgeschwächten Absatzdynamik mit weiter flotten Autoverkäufen.Für das gesamte Jahr erwartet der Autoexperte ein Verkaufsplus von knapp 3 % auf gut 3,4 Millionen Pkw. Während der Autoabsatz in toto also rund läuft, sind die Verkäufe von Diesel-Pkw heftig ins Stottern geraten. Fuß zufolge schrumpfte die Zahl neu zugelassener Diesel im Juli um fast 13 %, während die Verkäufe von Benzinern um gut 11 % zulegten. Damit brach der Anteil von Selbstzündern binnen Jahresfrist von 47,1 % auf 40,5 % ein – ein Minus von 6,6 Prozentpunkten. Und Besserung ist nicht in Sicht. Erst wenn das Problem des im Realbetrieb zu hohen Schadstoffausstoßes nachhaltig und glaubhaft gelöst ist und Fahrverbote vom Tisch sind, werde sich die Nachfrage nach Diesel-Modellen stabilisieren, ist der EY-Experte sicher. Vorläufig müsse sich die Industrie folglich auf einen weiteren Rückgang des Diesel-Marktanteils einrichten.Dies gelte vor allem bei Kleinwagen und Autos im Kompaktsegment, da zusätzliche technische Maßnahmen zur Abgasreinigung Diesel-Motoren weiter verteuern und damit unattraktiv machen werden. Dagegen hätten die deutschen Autobauer, die eher höherpreisige große Autos und Premium-Modelle (und damit oftmals Dienstwagen) anbieten, im Juli, aber auch im gesamten bisherigen Jahresverlauf ihren Diesel-Anteil bei gut 45 % stabil gehalten, ergänzt der die hiesige Branche vertretende Verband der Automobilindustrie (VDA).Dass ein sinkender Diesel-Anteil aber auch negative Nebenwirkungen hat, zeigen die KBA-Daten. Zwar belastet der Selbstzünder die Umwelt mit hohen Feinstaub- und Stickoxid(NOx)-Emissionen. Gleichzeitig liegt der klimaschädliche CO2-Ausstoß des spritsparenden Diesel aber merklich unter dem eines Benziners. Im Gegensatz zum langjährigen Trend registrieren die Beamten in Flensburg mit dem Wechsel vom Diesel zum Benziner nun schon zum zweiten Mal einen Wiederanstieg der durchschnittlichen CO2-Belastung bei den neuzugelassenen Pkw auf durchschnittlich 128,4 Gramm CO2 je Kilometer. Die EU-Kommission hat für 2021 ein Limit von 95 g/km vorgegeben – wird dieses verfehlt, drohen Milliardenstrafen. Magere 1 820 E-Autos im JuliVon den wegbrechenden Diesel-Verkäufen konnten Pkw mit alternativen Antrieben aber nur sehr begrenzt profitieren. Zwar verdoppelte der amerikanische Elektroauto-Hersteller Tesla im Juli seine Verkäufe. Mit 180 zugelassenen E-Autos blieb der Absatz aber marginal. Insgesamt zählte das KBA 1 820 neue E-Autos – was 0,6 % aller Zulassungen entspricht. Hinzu kamen nahezu 7 400 Pkw mit Hybridantrieb und eine handverlesene Anzahl von Autos mit Flüssig- oder Erdgasantrieben. EY-Experte Fuß sieht die Autobauer beim Wandel vom Verbrennungs- zum Alternativmotor massiv unter Druck. “Für die deutsche Autobranche steht dabei viel auf dem Spiel: die Technologieführerschaft bei einer essenziellen Technologie und Tausende Arbeitsplätze.” Schwacher US-Markt belastetVerschärfend kommt für die hiesigen Konzerne hinzu, dass die deutschen Autobauer auch im Juli heftige Rückgänge beim Export – und in der Folge auch bei der Produktion – verkraften mussten. Hier schlage der schwache US-Markt durch, betont der VDA, wo der Absatz seit Jahresbeginn schwächelt. Besonders hohe Einbußen von gut 15 % im Juli zeigten sich dabei bei den (zumeist importierten) Pkw, während die Verkäufe der allermeist vor Ort gefertigten Light Vehicles deutlich weniger einbrechen. Einen weiteren Schwachpunkt sieht der VDA bei den Ausfuhren nach Großbritannien, wo importierte Autos wechselkursbedingt merklich teurer geworden sind.