Autolobby wünscht sich weiteren Gipfel vor Weihnachten
scd/Reuters Frankfurt/Hamburg – Nach der erneuten Milliardenförderung der Bundesregierung beim Hochfahren der E-Mobilität dringt die Autobranche auf Finanzhilfen auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Dazu sollen möglichst noch vor Weihnachten Vertreter der Mineralölindustrie, der Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft, der Kommunen, der Politik und der Automobilindustrie an einen Tisch gebracht werden, um die Zahl der Ladesäulen rasch zu steigern. “Mir geht es um die Koordination und die Beschleunigung von Verfahren. Und um die Beteiligung des Staates mit finanziellen Mitteln”, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller am Mittwoch. Aktuell sei der Ausbau wirtschaftlich kaum darstellbar.Für das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte im Land zu haben, müssten nach Angaben der Automobilindustrie ab sofort wöchentlich 2 000 in Betrieb gehen – zehn Mal so viele wie zuletzt. Nach Angaben der Energiewirtschaft ist die Zahl der öffentlichen Ladepunkte zuletzt auf etwas mehr als 33 000 gestiegen, das sind lediglich 5 300 mehr als im April.Die Autobauer ließen damit ihrem Lobbyverband mit Kritik den Vortritt. Das Paket der Bundesregierung im Volumen von gut 3 Mrd. Euro zur Förderung der Autobranche in der Corona- und Klimakrise wurde von der Branche einhellig begrüßt. “Die Beschlüsse, die jetzt getroffen werden – der Ausbau der Ladeinfrastruktur – sind aus unserer Sicht genau die richtigen Entscheidungen”, sagte Daimler-Chef Ola Källenius. Auch Volkswagen lobte die Gipfelergebnisse und dabei explizit auch die Ladesäulenpläne. Die Bundesregierung schaffe “durch den zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur das nötige Vertrauen bei den Kunden für den einfachen und problemlosen Umstieg auf E-Mobilität”, teilte der weltgrößte Autobauer mit. Volkswagen selbst habe bereits 1200 Ladepunkte an den Volkswagen-Standorten errichtet. Auch Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke hatte im Interview mit der Börsen-Zeitung unlängst gesagt, dass der Sportwagenbauer eigene Porsche-Ladepunkte in ansprechender Umgebung aufstellen werde. Meschke mahnte dabei allerdings bessere Rahmenbedingungen an. Keine “bipolare Welt”BMW-Chef Oliver Zipse hatte derweil bei einer Veranstaltung der “Süddeutschen Zeitung” erklärt, solange sich die Ladeinfrastruktur noch im Aufbau befinde, sei man gut beraten, weiter auch andere Antriebsarten wie den Verbrenner zuzulassen. Er sprach sich dagegen aus, Antriebsarten gegeneinander auszuspielen. “Diese bipolare Welt stellt sich in der Realität nicht so dar.” Zumal es für die Branche nicht möglich sein wird, die aktuelle Verbrennertechnologie dauerhaft weiter anzubieten.Nach vollzogener Umstellung auf die Euro 6 kündigt sich bereits die Abgasnorm Euro 7 an. Die EU-Pläne zu der damit einhergehenden weiteren Verschärfung für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor bezeichnete VDA-Chefin Müller als “Verbotspolitik durch die Hintertür”. “Was diese geplante Abgasnorm Euro 7 vorsieht, ist technisch praktisch nicht zu schaffen”, betonte sie. Erschwerend dürfte hinzukommen, dass die Branche ihre Investitionen in die Ent wicklung klassischer Verbrennermotoren herunterfährt, um die Investition in Zukunftstechnologien wie E-Antriebe und Plug-in-Hybride zu finanzieren. WindhundrennenMit Blick auf die weitere Verschärfung der Klimavorgaben kritisierte Zipse, es gebe zwischen verschiedenen Staaten und der EU “eine Art Windhundrennen” um die schärfsten Ziele. Der von der EU geplante “Green Deal” sei an sich vollkommen in Ordnung. Ob das Vorgehen dabei sinnvoll sei und dem Klimaschutz wirklich diene, dürfe aber bezweifelt werden. Denn wenn man die Neuzulassung künftiger Verbrenner verbiete, es aber nicht ausreichend Ladestationen für E-Autos gebe, würden die Menschen ihre alten Autos einfach weiterfahren.