Automarkt in Europa vor langer Durststrecke
Der europäische Automarkt ist von der Coronakrise deutlich stärker gebeutelt worden als die anderen großen Verkaufsregionen. Auch im laufenden Turnus erwartet der Branchenverband VDA nur eine verhaltene Erholung. Lichtblicke bleiben vor allem das rasante Wachstum der E-Auto-Verkäufe – und China.scd Frankfurt – Der europäische Automarkt ist im vergangenen Jahr aufgrund der Coronakrise historisch tief abgestürzt. Von den drei großen Absatzregionen musste Europa (EU-27, Efta und Großbritannien) den mit Abstand größten Rückgang verbuchen. Die Zahl der neu zugelassenen Pkw belief sich auf knapp 12,0 Millionen und lag damit um rund 24 % unter dem Vorjahreswert, wie der europäische Autoverband Acea am Dienstag mitteilte. Dabei gingen die Zulassungszahlen unter den fünf größten Märkten in Deutschland mit 19 % noch am geringsten zurück. In Frankreich reduzierte sich das Absatzvolumen um ein Viertel, in Italien um 28 %, im Vereinigten Königreich um 29 % und in Spanien um 32 %. Allerdings gehen Automobilexperten wie EY-Partner Peter Fuß davon aus, dass ein Gutteil der besseren Entwicklung in Deutschland auch auf Vorzieheffekte aufgrund der per Ende Dezember ausgelaufenen Mehrwertsteuersenkung zurückzuführen war. “Die insgesamt relativ gute Entwicklung auf dem Neuwagenmarkt im Dezember sollte nicht als Zeichen einer Stabilisierung des Marktes interpretiert werden”, warnt er. Zwar ist er für die zweite Jahreshälfte – bei allen bestehenden Unsicherheiten – optimistisch. “Selbst im günstigsten Szenario wird der Neuwagenabsatz nicht das Niveau des Jahres 2019 erreichen. Es wird dauern, bis der Markt sich vollständig erholt hat”, sagt Fuß mit Blick auf Deutschland und Europa. Der Branchenverband VDA schätzt dies ähnlich ein und rechnet für Europa 2021 mit 12 % Wachstum auf 13,2 Millionen Neuzulassungen. Das wären dann immer noch 2,6 Millionen weniger als im Vorkrisenjahr 2019.Die zuletzt starke Entwicklung in Deutschland wurde neben der Mehrwertsteuersenkung auch durch die zur Jahresmitte verdoppelte staatliche Kaufprämie für E-Autos und Plug-in-Hybride getrieben. Dank dieser wies der deutsche Markt im Gesamtjahr den höchsten Anteil elektrifizierter Fahrzeuge unter den EU-Märkten aus (siehe Grafik). Die deutschen Autobauer haben durch die rasante Elektrifizierung auch eine deutliche Verringerung ihrer CO2-Flottenemissionen erreicht und können so optimistisch sein, Strafzahlungen wegen Verfehlung der EU-Grenzwerte zu vermeiden. Laut Stifel-Research-Analyst Daniel Schwarz lag etwa die Durchschnittsemission von Daimler im Dezember um 44 % unter dem Januarwert. Volkswagen verbesserte sich in derselben Zeitspanne um 27 %, BMW um 16 %.Die anderen beiden großen Automärkte USA und China entwickelten sich 2020 deutlich robuster als Europa. In den USA schloss der Light-Vehicle-Markt (Pkw und Light Trucks) das Jahr mit knapp 14,5 Millionen verkauften Fahrzeugen ab (- 15 %). Erstmals seit 2012 überschritt der US-Markt damit nicht mehr die 15-Millionen-Marke. Dabei ging der Absatz von Pkw um 28 % zurück, während im Light-Truck-Segment, das mittlerweile mehr als drei Viertel des Light-Vehicle-Marktes ausmacht, die Verkäufe um 10 % nachgaben.China hat die Corona-Pandemie und deren schwerwiegende Folgen für den Automobilabsatz weitestgehend hinter sich gelassen. Dank einer raschen Erholung im zweiten Halbjahr hat sich das Minus 2020 auf nur 6 % reduziert (siehe Tabelle). Der deutsche Branchenverband VDA erwartet, dass der Pkw-Weltmarkt – nach einem Einbruch um 15 % im Jahr 2020 – in diesem Jahr um 9 % auf 73,8 Millionen Fahrzeuge zulegen wird. Vor allem dank China, wo der Absatz mit 21,4 Millionen Fahrzeugen schon wieder das Vorkrisenniveau übertreffen dürfte. Den USA wird ein Plus von 9 % auf 15,8 Millionen zugetraut, was aber auch klar unter Vorkrisenniveau wäre.