Autovertrieb geht online mit Auto-Abos
Es war eine der Überraschungen der letzte 18 Monate. Volvo hat angekündigt, ab dem Jahr 2030 nur noch Elektroautos zu verkaufen, und – noch wichtiger – die Autos werden online vom Kunden bestellt. Was sich seit zehn Jahren abzeichnet, der konventionelle Neuwagenverkauf mit seinen teuren Autohäusern, netten Verkäufern, der Tasse Kaffee wird obsolet. Bei Tesla ist der Online-Vertrieb seit Anbeginn salonfähig. Die Autos der Schwedenmarke Polestar sind nur online zu kaufen, Chinesen wie NIO, Xpeng und Lynk & Co machen sich online auf den Weg. In China kaufen die Menschen überwiegend online. Sogar Bettler in Shenzhen nutzen den QR-Code auf dem Smart-Phone, um Geld von mitleidigen Menschen einzusammeln. Mit dem Online-Vertrieb muss man die Produkte „onlinefähig“ machen.
Fall fürs Museum
Einfache Konfiguratoren und nicht überbordende Individualisierungen mit tausenden Optionsmöglichkeiten sind gefragt. Die nette Verkäuferfrage bei Porsche, ob man das Fahrzeug in der Farbe des Nagellacks der Frau ordern will, wandert in Museum. Online-Vertrieb läuft über einfache Ordermöglichkeiten und Übernahmen aller Produktrisiken durch den Anbieter. Der Kunde darf keine Angst vor einer „Katze im Sack“ haben. Damit sind wir bei Subscriptions oder Abo-Modellen. Mit Ausnahme der Treibstoffkosten wird alles in einer Monatsrate abgefangen. Der Online-Vertrieb braucht das Auto-Abo als zentrales Vertriebsinstrument.
Bei Firmenwagen sind Full-Service-Leasing-Kontrakte, sprich eine feste Monatsrate, die sämtliche Fahrzeugkosten abdeckt, seit zwanzig Jahren State of the Art. Für den privaten Autokäufer ist die monatliche Komplettrate inklusive allem, außer Treibstoff, noch Neuland. Die Neuwagen-Abo-Angebote haben Laufzeiten zwischen 6 und 24 Monaten und werden online abgeschlossen. Die Autos sind meist vorspezifiziert und besitzen gängige Ausstattungen. Die Lieferzeit ist kurz. Die hohen Vertriebskosten – schönes Autohaus, Verkäuferprovision, Vorführwagen und vieles mehr sind gekappt. Die Wiedervermarktung der Fahrzeuge nach 12 oder 24 Monaten ist zu guten Konditionen möglich, da eben nicht die gelbe Außenlackierung mit grünem Leder im Gebrauchtwagenmarkt einen Käufer suchen muss. Auto-Abos sind nicht nur praktisch, sondern auch kosteneffizient. Gepamperte Angebote, wie im Sommer das Cabrio und Winter das Coupé, sind bei Start-ups kaum zu finden: Zu teuer, kaum Kundennutzen sagen Abo-Kunden. Auch deshalb waren einige Abo-Plattformversuche, wie in USA, wenig erfolgreich: zu viel Schnickschnack, zu wenig Kundennutzen.
Angebote mit Charme
Auto-Abos vereinen viele Vorteile. Erstens, alle Risiken – wie unvorhergesehene Reparaturen, Enttäuschung beim Gebrauchtwagenverkauf, Überraschungen mit Versicherungsprämien, etwa bei jungen Autofahrern, bleiben vor der Tür. Zweitens, die schnelle Verfügbarkeit der Fahrzeuge, drittens das einfache Online-Ordern. Und dazu kommen niedrige Kosten durch gebündelten Fahrzeugeinkauf bei Plattform-Anbieter – ein Bruchteil der Vertriebskosten wie im altehrwürdigen Autohaus.
Das Produkt Auto-Abo hat Charme. Wie groß der Charme ist, ermitteln wir am CAR-Institut. Zentral ist der Car-Abo-Faktor, den sich jeder eigenständig errechnen kann. Man nehme den Listenpreis des angebotenen Fahrzeugs inklusive der Ausstattungen. Bei gängigen Internetanbieter erfährt man den Rabatt beim Kauf und damit den Aktionspreis des Fahrzeugs. Monatsrate dividiert durch Aktionspreis gibt den Car-Abo-Faktor. Liegt der Wert zwischen 1,0 und 1,6% hat man ein attraktives Angebot. In Worten, beim Wert 1,2 bezahlt der Abonnent im Monat 1,2% des Kaufpreises des Neuwagens für die monatliche Nutzung des Fahrzeugs inklusiv aller Kosten außer Treibstoff. Auto-Abos sind keine Apotheke, sondern können ansprechende Preis-Wert-Verhältnisse bieten. Der richtige Preis, die ausgeklammerten Risiken, die komfortable Online-Buchung sind Voraussetzungen für den Markterfolg.
Nicht nur Neuwagen
Im letzten Jahr wurden in Deutschland 42000 Neuwagen-Auto-Abos vermarktet. Marktführer war die Fleetpool Gruppe, die mehrere Plattformen, wie etwa Like 2 drive betreibt. Autobauer, wie Volvo, sind mit Care by Volvo im Markt. Start-ups à la Cluno, die jetzt vom britischen Online-Gebrauchtwagen Start-up Cazoo übernommen wurden, sind im Markt und werden bald eine gesamte Wertschöpfungskette, also vom Neuwagen im Abo über den Gebrauchtwagen über Cazoo in eigener Regie anbieten können.
Damit würde nicht nur der Neuwagen online gehen, sondern auch das Re-Marketing, wie es etwa Auto-Hero plant, ein Arm des erfolgreichen Auto1-Start-ups mit seinem Bilderbuch IPO vor kurzem. Bleibt die Angebotsbreite. Sprunghaft sind im Februar die Neuwagen-Abo-Angebote auf knapp 330 bundesweite Modelle bei den wichtigen Neuwagen-Abo-Anbietern gestiegen. Nur wenige Marken wie Audi, Dacia, Honda, Mazda, Jaguar, Landrover, Suzuki sind noch nicht vertreten. Das dürfte sich in den nächsten Monaten ändern. Der Car-Abo-Faktor der 330 Angebote lag im Februar bei 1,8%, ein guter Wert. Die Top-30-Modelle lagen mit einem Car-Abo-Faktor 1,4% in fast allen Fällen unter den vergleichbaren Kosten beim traditionellen Autokauf.
Für Elektroautos mit den oft höheren Risiken für Käufer sind Neuwagen-Auto-Abos wie maßgeschneidert. Die staatliche Innovationsprämie bis zu 9000 Euro beschert den Restwerten früher der gekauften Elektroautos hohe Verluste. Die Entwicklung bei Batterien und Reichweiten der Vollelektrischen geht in großen Schritten voran. Vorgängermodelle sind daher mit schlechten Preisen beim Wiederverkauf konfrontiert. Risikoübernahme wird für Elektroautoerfolg essenziell. Der monatliche Komplettpreis, sprich das Abo, ist das ideale Produkt, um die Unsicherheit des Kunden auszuklammern. Hinzu kommt, dass bei einigen Anbietern mittlerweile die Wallbox in der monatlichen Rate integriert ist. Das Auto-Abo und Elektromobilität passen zusammen.
Fazit: Ergänzt man die vorstehenden Argumente um Käuferstudien und Zufriedenheitsbefragungen ist der Erfolg des Subscription-Modells und Online-Vertriebs bei Autos klar vorgezeichnet. Erinnert man sich an den Erfolgskurs der sogenannten Drei-Wege-Finanzierungen im Privatkunden-Geschäft kann man mit hohen Wachstumsraten rechnen. Nach unserer Einschätzung sind um das Jahr 2030 in Deutschland jährlich bis zu einer Million Auto-Abo-Abschlüsse möglich.