Bahnindustrie sammelt Aufträge ein
Die deutsche Bahnindustrie ist mit dem bisherigen Jahresverlauf zufrieden. Gleichwohl ängstigt sie sich immer mehr vor den expansiven chinesischen Wettbewerbern.ge Berlin – Die deutsche Bahnindustrie meldet ein außerordentlich gutes Jahr 2015, sieht sich aber zunehmend unter Druck gesetzt von der expansiven chinesischen Konkurrenz. In den ersten sechs Monaten konnten die Branchenunternehmen Aufträge von 8,5 Mrd. Euro in ihre Bücher nehmen, fast genauso viele wie im Rekordjahr 2013 und gut die Hälfte mehr als im Turnus zuvor.Für den weiteren Jahresverlauf erwartet Martin Lange, der Präsident des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland (VDB), weiter “ordentliche und gute” Auftragseingänge, womit sich die Branche dem Spitzenwert von 2013 nähern dürfte, als knapp 15 Mrd. Euro an neuen Orders eingeworben worden waren. Auch der Umsatz dürfte in etwa den Wert von damals wiederholen, als rund 10 Mrd. Euro in Rechnung gestellt wurden, hofft Lange.Wegen der einseitigen Risikoverteilung bei milliardenschweren Aufträgen müssten sich die großen Systemhäuser wie Siemens, Bombardier oder Alstom “mit eher mäßigen Ergebnissen” begnügen, weiß der als Vorstand Transport bei der deutschen Tochter von Alstom tätige Lange. Zulieferer könnten höhere Margen einfahren. Gigant CRRCTrotz der hohen Auftragseingänge, mit denen der Orderbestand einen Rekordwert erklimmt, fürchtet sich die Branche, die gut die Hälfte ihrer Erlöse im Ausland erzielt, zunehmend vor der fernöstlichen Konkurrenz. In China sei mit dem Zusammengehen zweier großer Bahntechnikkonzerne der Marktgigant CRRC entstanden, der inzwischen nicht nur in Schwellenländern Erfolg habe, sondern auch in Industrieländern wie den USA zum Zuge komme, sagt Lange. Dabei sei immer häufiger zu sehen, dass “Aufträge bekommt, wer die Finanzierung mitbringt”. Während CRRC von schier unerschöpflichen staatlichen Mitteln Chinas profitiere, tuen Berlin und Brüssel aus Verbandssicht zu wenig. Entsprechend fordert Lange eine Ausweitung der staatlichen Exportgarantien, damit die Industrie im Wettbewerb bestehen könne. Hermes-Bürgschaften sollten dabei auch für große Infrastrukturfinanzierungen gewährt werden. Zudem mahnt die Lobby mehr Forschungsgelder und eine stärkere staatliche Unterstützung an: “Die Politik muss deutlicher Farbe bekennen für den Schienenverkehr.”Erneut deutlich hinter den Erwartungen blieben die Auftragseingänge für Infrastruktur. Während die Bestellungen für neue Loks, Waggons und Züge im Halbjahr um 70 % auf 6,9 Mrd. Euro kletterten, stagnierten die Orders für Gleise, Stellwerke, Weichen und die Elektrifizierung bei 1,6 Mrd. Euro – und dass, obwohl die Deutsche Bahn nach der jüngsten Vereinbarung mit dem Bund jährlich etwa 1 Mrd. Euro mehr für Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung hat. Die Bahn versichert, davon würden auch mehr Mittel für die Leittechnik und Stellwerke ausgegeben.—– Wertberichtigt Seite 8