Balda will Mittelständler finanzieren
Balda muss sich komplett neu erfinden. Die bisherigen Aktivitäten in der Kunststofftechnik werden verkauft, gesucht ist ein neues Geschäftsmodell. Großaktionär Thomas van Aubel will in die Mittelstandsfinanzierung einsteigen, aber ohne Banklizenz. Sein Vorhaben plant er der Hauptversammlung am 30. November zu präsentieren.Von Antje Kullrich, DüsseldorfBalda soll nach den Vorstellungen von van Aubel dabei sowohl kleinere Beteiligungen eingehen als auch Fremdkapital via Inhaberschuldverschreibungen oder Anleihen zur Verfügung stellen. “Wir wollen keine genehmigungspflichtigen Bankgeschäfte betreiben”, stellte der Berliner Rechtsanwalt, der über seine Gesellschaft Elector knapp 30 % an Balda hält, klar. “Wir reden nicht von Venture Capital, sondern wir denken an Unternehmen, die am Markt eingeführt sind.”Der künftigen Balda, die vielleicht demnächst auch anders heißen wird, stehen liquide Mittel von rund 140 Mill. Euro zur Verfügung. Die bisherigen operativen Aktivitäten gehen aller Voraussicht nach Ende des Jahres an die Düsseldorfer Unternehmensgruppe Heitkamp & Thumann (H & T), die sich im Bieterkampf gegen den Münchener Finanzinvestor Paragon mit einem Gebot von 74 Mill. Euro durchgesetzt hat. “Vorstand, Aufsichtsrat und Elector werden das Angebot von Heitkamp & Thumann uneingeschränkt empfehlen”, sagte van Aubel. Die Hauptversammlung am 30. November muss noch über die Offerte entscheiden. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz als Vertreterin von Kleinaktionären hatte sich kürzlich für das H & T-Angebot ausgesprochen.Das Konzept für das neue Geschäftsmodell von Balda scheint jedoch noch in einem frühen Stadium zu sein. Konkrete Projekte hat van Aubel noch nicht im Auge. “Wir wollen auf der Hauptversammlung unsere Überlegungen vorstellen”, sagte er. “Man darf nicht den Fehler machen, sich unter Druck zu setzen und zu erwarten, dass innerhalb von drei Monaten das Geld unter die Leute gebracht wird.”Weitere wichtige Fragen sind ebenfalls ungeklärt. Macht es Sinn, den Unternehmenssitz in der ostwestfälischen Provinz in Bad Oeynhausen zu lassen? Dort produziert die Kunststofftechnik, die jedoch jetzt an H & T wandert. Laut van Aubel gibt es dazu noch keine Entscheidung ebenso wie zu der Namensfrage. In der Tagesordnung zur Hauptversammlung wird die Umbenennung in “Clere AG” vorgeschlagen. Zum Zeitpunkt der Einladung ging das Unternehmen jedoch noch davon aus, dass die operativen Aktivitäten zu Paragon wandern, die den Marken- und Firmennamen übernehmen wollte. Liquidation keine OptionAuch die Besetzung an der Unternehmensspitze lässt Fragen offen. Der derzeitige Alleinvorstand Oliver Oechsle ist Restrukturierungsexperte, kein Finanzierungsfachmann oder Banker. Sein Vertrag läuft noch bis Oktober 2016. Ob er bleibt und zusätzlich jemand in den Vorstand kommt oder das Management komplett neu aufgestellt wird, ist ebenfalls derzeit unklar.Für eine komplette Beerdigung von Balda kann van Aubel sich nicht erwärmen. Nach seinen Worten wäre die Alternative, Balda zu liquidieren und alles Geld an die Aktionäre auszuschütten, für die Anleger die schlechtere Option gewesen. “Eine Liquidation wäre nicht im Interesse der Aktionäre. Das hätte eine erhebliche steuerliche Belastung bei der Ausschüttung zur Folge, die ganzen Verlustvorträge der Gesellschaft würden genauso verloren gehen wie die Börsennotierung. Deshalb sind wir dafür, dass die AG auch weiterhin im Markt aktiv bleibt.”Van Aubel will jedoch nicht auf Biegen und Brechen in das avisierte neue Geschäftsfeld einsteigen und lässt sich eine Hintertür offen: “Wenn wir feststellen, dass wir in dem skizzierten Gebiet keine interessanten Aktivitäten aufbauen können, dann spricht nichts dagegen, auch über weitere Ausschüttungen nachzudenken.” Bei diesen allerdings müssten die Anleger auch den Fiskus beteiligen: “Wir könnten auf Basis der derzeitigen Aktien nur noch 10 Cent je Aktie steuerfrei ausschütten.”