Baukonzern Ferrovial zieht trotz Druck der spanischen Regierung nach Holland
Selten hat die Hauptversammlung eines Ibex-Konzerns in Spanien ein so großes Medieninteresse geweckt wie beim Bauriesen Ferrovial. Die Ankündigung des Konzerns, den Stammsitz in die Niederlande zu verlegen, hat eine weittragende Kontroverse ausgelöst. Die Linksregierung von Pedro Sánchez verurteilte die Entscheidung und musste sich dafür von Arbeitgebern und Opposition Interventionismus anlasten lassen.
Baukonzern Ferrovial zieht nach Holland
Überwiegende Mehrheit der Aktionäre billigt Sitzverlegung – Gegen den Druck der spanischen Regierung
ths Madrid
Am Ende stimmte wie erwartet die überwiegende Mehrheit der Aktionäre für den Umzug. Die Operation wird durch eine umgekehrte Fusion erfolgen, bei der die niederländische Tochter Ferrovial International SE den Mutterkonzern übernimmt. Schon jetzt kontrolliert die Gesellschaft in Amsterdam das gesamte Auslandsgeschäft. Das Unternehmen mit einem Börsenwert von 20 Mrd. Euro machte 2022 mit dem Bau von großen Infrastrukturprojekten und dem Betrieb von Mautstraßen und etwa dem Heathrow Airport in London 7,5 Mrd. Euro Umsatz. Auf Spanien entfiel 18% des Geschäfts, während die USA und Kanada 36% ausmachten. Nordamerika bekommt auch den überwiegenden Teil der Investitionen der nächsten Jahre.
Der Vorsitzende von Ferrovial, Rafael del Pino, rechtfertigte den umstrittenen Umzug nach Amsterdam denn auch mit der wachsenden Internationalisierung des von seinem Vater gegründeten Bauunternehmens. Doch zeigte er Bewusstsein für die Sorgen, welche die Verlegung eines so bedeutenden Konzerns in Spanien geweckt hat. „Ferrovial zieht sich nicht aus Spaniens zurück“, erklärte der Vorsitzende und Hauptaktionär mit 20% der Anteile. Die Beschäftigung, die Bauprojekte und Investitionen blieben und man wolle auch weiterhin an der Madrider Börse notieren.
Der Konzern wird nun ein Listing am Euronext in Amsterdam beantragen. Darüber hoffen die Spanier bald auch in den USA an die Börse gehen zu können, wovon sie sich erhebliche Vorteile bei der Finanzierung versprechen. Diese „erhöhte Visibilität“ sei der Hauptgrund für den Umzug von Madrid nach Amsterdam. „Bei der Operation geht es nicht um Steuervorteile, wir werden mehr oder weniger dasselbe zahlen wie vorher“, beteuerte del Pino in Anspielung auf die Kritik seitens der Regierung und in den Medien.
Wirtschaftsministerin Nadia Calviño hatte Ferrovial „mangelndes Engagement“ gegenüber Spanien vorgeworfen. In einem öffentlichen Brief an den CEO des Konzerns, Ignacio Madridejos, vom Montag wies das Wirtschaftsministerium das Hauptargument von Ferrovial zurück, nämlich dass ein duales Listing in Spanien und den USA nicht möglich sei. Die Regierung zitierte entsprechende Studien der Marktaufsichtsbehörde CNMV und des Börsenbetreibers BME, der zur Schweizer Six gehört. Es gibt jedoch keine Präzedenzfälle. Derweil hat die Finanzministerin María Jesús Montero angedeutet, dass Ferrovial keine Steuervorteile aus der Fusion erhalten könne, da diese nicht strategischen, sondern rein steuerlichen Kriterien entspräche. Zugewinne durch die Fusion müsste daher mit den vorgesehenen 25% besteuert werden, was Ferrovial nach Schätzungen bis zu 130 Mill. Euro kosten könnte.
Eine Hintertür bleibt. Sollten 2,65% des Kapitals, das gegen den Umzug ist, auf eine Verkaufsklausel der Aktien bestehen, kann Ferrovial innerhalb eines Monats die Entscheidung zurücknehmen.