Bayer beantwortet alle 245 Fragen
Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen haben der Hauptversammlung von Bayer in diesem Jahr den Stempel aufgedrückt. Trotz der Möglichkeit, Fragen zu selektieren, beantwortete der Vorstand alle 245 Fragen. Anders als im Vorjahr wurden Vorstand und Aufsichtsrat mit jeweils mehr als 90 % entlastet.ab Köln – Bayer hat als erster Dax-Wert eine virtuelle Hauptversammlung absolviert und dabei die Latte für vergleichbare Veranstaltungen hoch gelegt. Denn obwohl der Gesetzgeber ermöglicht hatte, nur ausgewählte Fragen zu beantworten, hatte den Vorstand der Ehrgeiz gepackt. Alle 245 Fragen, die 40 Aktionäre zuvor schriftlich eingereicht hatten – im Vorjahr waren es 275 Fragen von 69 Aktionären -, wurden beantwortet. Auf ausdrücklichen Wunsch wurden die Fragesteller auch namentlich genannt. Entsprechend wurde erst um 15.32 Uhr zur Abstimmung geschritten, fünfeinhalb Stunden nach Beginn der virtuellen Hauptversammlung. Gegen 17 Uhr schloss Versammlungsleiter Werner Wenning die Hauptversammlung, nicht wesentlich früher als in normalen Zeiten. Anders als im Vorjahr wurden Vorstand und Aufsichtsrat mit über 90 % der Stimmen entlastet (siehe Tabelle). Bei der Entlastung des Vorstands enthielten sich allerdings fast 48 Millionen Stimmen, der Anteil der gültig abgegebenen Stimmen verringerte sich bei diesem Tagesordnungspunkt auf unter 60 %. Dabei waren bei der Stimmabgabe nach den Angaben gut 64 % des Grundkapitals (inklusive Briefwahl) präsent.Im Versammlungssaal im Baykomm, dem Kommunikationszentrum in Leverkusen, hatten sich nur sieben Personen eingefunden – neben Aufsichtsratschef Wenning waren das Vorstandschef Werner Baumann, Finanzchef Wolfgang Nickl, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Oliver Zühlke, Norbert Winkeljohann als designierter Aufsichtsratschef sowie der Notar und der Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft. Die übrigen Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder hatten sich virtuell zugeschaltet. Das Rednerpult wurde nach jedem Rednerwechsel mit Desinfektionsmittel abgewischt und die Schaumstoffabdeckungen der Mikrofone ausgetauscht – so sehen Hauptversammlungen in Corona-Zeiten aus.Wenning wie auch Baumann machten kein Hehl daraus, dass sie sich lieber einen persönlichen Austausch mit den Aktionären gewünscht hätten, doch der Wunsch, den Aktionären die Dividende pünktlich und vollständig auszuzahlen, habe keine Wahl gelassen. “Mit der virtuellen Hauptversammlung wollen wir zu einem kleinen Stück Normalität in diesen schwierigen Zeiten beitragen”, sagte Baumann.Das Coronavirus sei derzeit das mit Abstand dominierende Thema. “Die vergangenen zwei Monate zählen zu den größten Herausforderungen unseres Berufslebens”, verdeutlichte der Bayer-Chef. Zugleich stellte Baumann aber auch darauf ab, dass Bayer aufgrund der konsequenten Ausrichtung auf Gesundheit und Ernährung “in den richtigen Geschäften aktiv” ist. Fragen rund um Glyphosat Was die Krise am Ende geschäftlich für Bayer bedeute, lasse sich derzeit nicht verlässlich abschätzen. Oberste Priorität habe es, die Lieferketten aufrechtzuerhalten und die Liquidität zu sichern. Zumindest im ersten Quartal – die Zahlen hatte der Konzern am Vortag vorgelegt – habe Bayer von Nachfragesteigerungen, die teils auf zusätzliche Bevorratung zurückzuführen seien, profitiert.Das Gros der Aktionärsfragen rankte sich aber auch in diesem Jahr um die 2018 vollzogene Übernahme von Monsanto und die damit eingekauften Klagen im Zusammenhang mit dem glyphosathaltigen Herbizid Roundup. Drei in erster Instanz ergangene Prozesse hat Bayer verloren, gegen alle Urteile wurde Berufung eingelegt. Mit der ersten Berufungsentscheidung werde im Sommer gerechnet, führte Baumann aus. Auf den 2. Juni sei die dazugehörige mündliche Verhandlung terminiert, danach habe das Gericht 90 Tage Zeit bis zur Urteilsfindung. An Rechtsaufwand in dem Komplex seien bislang 480 Mill. Euro aufgelaufen, die Erstattung der Versicherung in Höhe von 28 Mill. Euro sei dabei schon in Abzug gebracht. Zum laufenden Mediationsverfahren, das sich aufgrund der Viruskrise spürbar verlangsamt, hielt sich Baumann bedeckt und verwies auf die Vertraulichkeit der Verhandlungen.