Bayer erneut zu hoher Schadenersatzzahlung verdonnert
Bayer erleidet Schlappe vor Gericht
Geschworene sprechen Kläger 175 Mill. Dollar Schadenersatz zu
ab Düsseldorf
Nach neun gewonnenen Prozessen in Folge hat sich das Blatt in den Schadenersatzprozessen im Zusammenhang mit Glyphosat wieder zu Ungunsten von Bayer gewendet. In der Nacht zum Samstag verdonnerte eine Jury in Philadelphia den Konzern zur Zahlung von 175 Mill. Dollar Schadenersatz. Auch in St. Louis City hatte Bayer eine Woche davor einen Prozess verloren. Die dem Kläger zugesprochene Schadenersatzsumme war mit 1,25 Mill. Dollar jedoch deutlich geringer ausgefallen.
Bayer kündigte an, die beiden Urteile anzufechten. "Wir sind zuversichtlich, dass die Entscheidung korrigiert und zumindest die exzessive Schadenersatzsumme in Philadelphia reduziert wird", hieß es auf Nachfrage. In Philadelphia – der US-Bundesstaat gilt im US-Rechtssystem als schwieriger Standort für beklagte Unternehmen – hatte ein einstiger Restaurantbesitzer geklagt. Wie in den übrigen Klagefällen im Zusammenhang mit Roundup, dem Herbizid aus den Laboren von Monsanto, behauptet der Kläger, seine Krebserkrankung sei auf die Verwendung des Unkrautvernichtungsmittels zurückzuführen.
Wissenschaftliche Studien
Bayer bestreitet dies und verweist auf zahlreiche wissenschaftliche Studien sowie Ergebnisse von Regulierungsbehörden. Von der in Philadelphia zugesprochenen Schadenersatzsumme entfällt das Gros mit 150 Mill. Dollar auf den sogenannten Strafschadenersatz. In der Vergangenheit war es Bayer selbst in den verlorenen gegangenen Prozessen gelungen, diesen Teil der Strafe spürbar zu reduzieren. In St. Louis City hatte das Geschworenengericht keinen Strafschadenersatz zugesprochen.
Heikles Urteil
In San Diego steht in Kürze ein weiteres Jury-Urteil in einem vergleichbaren Schadenersatzprozess an. Zwar haben sich die Leverkusener nach früheren Angaben inzwischen in etwa 109.000 Fällen mit Klägern außergerichtlich verglichen. Gleichwohl sind noch immer mehr als 40.000 Klagen anhängig. Vergleiche gestalten sich zum Teil auch schwierig, weil sich die Klägeranwälte auf dem Prozessweg höhere Zahlungen erhoffen.
Das jüngste Urteil ist insofern heikel, weil der hohe Schadenersatz den spezialisierten Kanzleien erneut einen Anreiz bieten könnte, die Werbetrommel zu rühren. Hatte sich Bayer anfänglich geweigert, sich auf den Vergleichsweg zu begeben, da das Unternehmen von der eigenen Rechtsposition überzeugt ist, zwang ein Richter in San Francisco den Konzern in eine Mediation, die in Vergleichsverfahren mündete.
Die Klagewelle losgetreten hatte das erste Roundup-Urteil einer Jury, das im Sommer 2018 ergangen war. Damals hatten die Geschworenen dem Kläger Dewayne Johnson, dem Hausmeister einer Schule, in Summe 289 Mill. Euro zugesprochen. Letztlich war die Zahlung im Berufungsverfahren auf 20,5 Mill. Dollar reduziert worden. Die Bilanz der bislang 14 zumindest in erster Instanz geführten Schadenersatzprozesse fällt mit neun zu fünf für Bayer aus.
Die Klagen hatten sich die Deutschen mit der 63 Mrd. Euro schweren Übernahme von Monsanto eingehandelt. Das erste Urteil war nur einen Monat nach Abschluss der Transaktion ergangen. Für den Rechtskomplex hat Bayer mehr als 15 Mrd. Dollar an Rückstellungen gebildet. Teile sind bereits ausgezahlt.