Pharma und Agrochemie

Bayer holt im Pflanzenschutz auf

Bayer hat den Wachstumsturbo im dritten Quartal zugeschaltet und hebt die Prognose für das Gesamtjahr an. Allen voran in der Agrarchemie lief es besser. Dennoch nimmt Spartenchef Liam Condon seinen Hut.

Bayer holt im Pflanzenschutz auf

ab Köln

Bayer hat im dritten Quartal den Wachstumsturbo zugeschaltet. Umsatz und operatives Ergebnis wuchsen zweistellig, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Dank der guten Entwicklung im Berichtsquartal – allen voran im Pflanzenschutzgeschäft – passen die Leverkusener die Prognose für den laufenden Turnus nochmals an. Das kam an der Börse gut an. In der Spitze legte der Dax-Wert um 3,6 % auf 51,84 Euro zu. Damit hat die Aktie das im September erreichte 52-Wochen-Tief von 45,21 Euro wieder deutlich hinter sich gelassen.

Für den Konzernumsatz werden zwar unverändert 43 Mrd. Euro avisiert, in währungsbereinigter Rechnung entspräche das gleichwohl einem Plus um 7 (bislang 6) %. Zugleich steckt sich Bayer für die operative Umsatzrendite ein höheres Ziel. Bezogen auf das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll nun eine Marge von 25,5% erwirtschaftet werden. Im Vergleich zu der im August angepassten Prognose ist das ein halber Prozentpunkt mehr. Nachgelegt wird auch bei dem bereinigten Ergebnis je Aktie, das nun in einer Spanne von 6,10 bis 6,30 (6,00 bis 6,20) Euro erwartet wird.

Auf die Divisionen heruntergebrochen bekommen Cropscience und Consumer Health höhere Ziele gesteckt, derweil am Ausblick für das Pharmageschäft nicht gerüttelt wird. Konkret wird in der Agrarchemie nun mit einem Umsatzzuwachs um 9 (7)% in währungsbereinigter Rechnung kalkuliert, und auch Consumer Health soll wechselkursbereinigt um 6 (3 bis 4)% wachsen. Der im Vorstand für Cropscience zuständige Liam Condon wird die Aufholjagd jedoch nur noch am Rande verfolgen – er verlässt das Unternehmen zum Jahresende.

Entscheidung im Dezember?

Auch was den Free Cash-flow betrifft, soll der Mittelabfluss im laufenden Turnus mit 0,5 bis 1,5 (– 2 bis – 3) Mrd. Euro geringer ausfallen. Das hat allerdings weniger operative Gründe, sondern resultiert aus geringeren Ausgaben als erwartet für Vergleichszahlungen zur Beilegung der Glyphosat-Klagen. Diese werden sich nach den Angaben ins nächste Jahr verschieben.

Wie Finanzchef Wolfgang Nickl erläuterte, könnte der von Bayer angerufene US Supreme Court noch im Dezember entscheiden, ob er den Fall Hardeman zur Prüfung an­nimmt. „Ein positives Urteil im kommenden Jahr könnte dann die Rechtsstreitigkeiten effektiv beenden“, sagte Nickl. Für den Fall, dass das oberste Gericht den Fall abweist oder nicht im Sinne von Bayer entscheidet, hatte Bayer im zweiten Quartal bereits mit zusätzlichen Rückstellungen vorgesorgt.

Allerdings haben sich zu den zahlreichen Produkthaftungsklagen, die im Zusammenhang mit der Übernahme von Monsanto stehen, inzwischen auch Anlegerklagen gesellt, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Dabei machen Anleger in Deutschland und den USA Schadenersatzforderungen geltend. Gestützt würden die Forderungen auf eine „angeblich fehlerhafte Kapitalmarktkommunikation“ im Zusammenhang mit der Übernahme. Bayer wird vorgeworfen, den Kapitalmarkt nicht ausreichend über die Risiken – allen voran Produkthaftungsklagen zu Glyphosat – informiert zu haben.

Die beiden in Deutschland anhängigen Klagen befänden „in einem sehr frühen Stadium“, heißt es. In den USA ist die Zertifizierung als Sammelklage beantragt. Über die Zulassung sei noch nicht abschließend entschieden, sagte Bayer-Chef Werner Baumann und fügte an: „Wir halten alle Antragsgegenstände für unbegründet.“ Im Oktober habe das zuständige Gericht in Kalifornien entschieden, das Verfahren mit einem Teil der Vorwürfe fortzusetzen, heißt es im Zwischenbericht.

Zu dem rasanten Umsatzplus von 15 % im Berichtsquartal leisteten alle drei Divisionen ihren Beitrag. Besonders glänzen konnte die Sparte Cropscience mit einem Erlösplus von 27 % auf 3,85 Mrd. Euro. Das bereinigte Ebitda drehte auf 471 Mill. Euro – vor Jahresfrist hatte noch ein Verlust von 34 Mill. Euro zu Buche gestanden. Dabei gelang es, die gestiegenen Herstellungskosten sowie höhere F&E-Aufwendungen mehr als auszugleichen.

Restrukturierung geht weiter

Anders sah es im Pharmageschäft aus, das den Umsatz um gut 7 % ausbaute. Hier führten gestiegene Kosten für die Markteinführung neuer Medikamente zu einem Rückgang des operativen Ergebnisses um 10 %. In der kleinsten Division Consumer Health legte der Umsatz um fast 12 % zu, das dazugehörige Ebitda verbesserte sich um schmale 2,3 %.

An Sondereinflüssen fielen im Berichtsquartal 694 Mill. Euro an. Diese entfielen zum Großteil auf Restrukturierungsaufwendungen. Diese stehen im Zusammenhang mit dem im Vorjahr annoncierten Sparprogramm, mit dem bis 2024 weitere 1,5 Mrd. Euro eingespart werden sollen. Konkrete Maßnahmen mit entsprechenden Vorgaben zum Stellenabbau gibt es nicht. Von daher legt sich Bayer auch nicht fest, wie sich die Einmalkosten auf die einzelnen Quartale verteilen werden. Die Einmalkosten werden auf das 1,7-Fache der geplanten Einsparungen taxiert.

Bayer
Konzernzahlen nach IFRS
9 Monate
in Mill. Euro20212020
Umsatz32 96331 405
Bereinigtes Ebitda8 7849 069
Bereinigtes Ebit5 6475 912
Sondereinflüsse− 4 580− 23 331
Ebit1 332−17 684
Finanzergebnis− 783− 939
Konzernergebnis− 161−10 803
Free Cash-flow− 1201 846
Nettoverschuldung33 98130 041*
*) zum 31.12.2020Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.